Kritische Theorie als Paradigma
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- Geschrieben von Norbert Rath
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"In der Rezeptionsgeschichte Adornos in Deutschland haben Zerrbilder eine nicht geringe Rolle gespielt. Besonders in Nachrufen im Jahr seines Todes (1969) und in Artikeln anlässlich seines hundertsten Geburtstags (2003) finden sich schräge Vergleiche, unbeholfene Vereinnahmungen und mit Spott oder Häme untermischte Kommentare zu seinem Werk. Adorno selbst hat in einem Brief aus seinem letzten Lebensjahr an Herbert Marcuse geklagt, von dem Hass, der sich hierzulande auf Habermas und ihn selbst richte, mache Marcuse sich keine Vorstellung.
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- Geschrieben von Norbert Rath
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Aspekte von Adornos Konzept des Glücks
Adorno spricht in seinen Schriften von einem universalen ungeschmälerten Glück aller und des Ganzen. Allerdings ist dieses utopische Glück noch nicht da, wird verbogen durch die "Ohnmacht" des Subjekts in der zu einer "zweiten Natur versteinerten Gesellschaft" (Adorno). Surrogate für Glück, wie sie die Kulturindustrie bietet, lehnt Adorno ab.
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- Geschrieben von Hans-Peter Büttner
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Darstellung und Kritik der Idee der Diskursethik[1] Karl-Otto Apels
Der Aufsatz Hans Peter Büttners hat zwei Teile. Im ersten Teil (§1- §20) stellt er in Anlehnung an Apels Transzendentalpragmatik zunächst die drei grundlegenden Paradigmen der abendländischen Philosophie dar: (1) das ontologische, (2) das mentalistische (bewusstseinsphilosophische) und schließlich (3) das linguistische (sprachphilosophische) Paradigma. Dann stellt er die für diesen Teil des Aufsatzes zentrale Frage auf, ob und wie die moderne, wissenschaftlich-technische Welt zu einer universalistischen Vernunftethik finden kann, der jeder vernunftbegabte Mensch unter strikter Verwendung seiner vernunftgeleiteten Urteilskraft zwanglos zustimmen kann.
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- Geschrieben von Stefan Zenklusen
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Zenklusen geht im folgenden Text der Frage nach, was Adornos und Derridas Philosophie eint und unterscheidet. Dabei steht, was beide unvereinbar unterscheidet, im Vordergrund seiner Untersuchung. Denn der Autor möchte dadurch, dass er das Bewusstsein für das Trennende weckt, der „ negativen Dialektik“ zur Resurrektion verhelfen.
Zenklusens Untersuchung zeitigt abgründige Differenzen zwischen der „negativen Dialektik“ Adornos und der Philosophie der Dekonstruktion Derridas, die oberflächliche Leser Derridas überraschen können, weil Derridas Begriffe auf den ersten Blick ein große Ähnlichkeit mit denen Adornos aufweisen. Unter anderen stellt Zenklusen folgende Unterschiede heraus:
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- Geschrieben von Helmut Dahmer
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„In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es drei Versuche, vom positivistischen Mainstream abzuweichen und die Selbstreflexion – die Dialektik von Objektivierung, Entfremdung und Wiederaneignung – für das Verständnis der Lebens-, Sozial- und Kulturgeschichte fruchtbar zu machen“, schreibt Dahmer in dem folgenden kurzen Essay. Es sind die Versuche von Marx, Nietzsche und Freud, die alle „Erben Ludwig Feuerbachs“ gewesen seien.
Dann erläutert Dahmer kurz und bündig die qualitative Differenz zwischen den positivistisch verfahrenden Naturwissenschaften und den „unnatürlichen Wissenschaften“ (Nietzsche), die es mit „Objekten“ zu tun haben, die eigentlich Subjekte und als solche in der Lage sind, auf Befunde, die sie selbst betreffen, zu reagieren.
Heinz Gess
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- Geschrieben von Eske Bockelmann
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Kritik und Auflösung von Sohn-Rethels Rätsel
„Unsichtbar ist das Geld heute in all seiner Macht“, aber „unsichtbar ist es als „eine Denkform, von der wir nichts wissen, die jedoch unser Wissen und Denken ...bestimmt“. (...) Keines der unabsehbar zahlreichen und unüberblickbar ausgedehnten Probleme globaler Zerstörung und Not, das nicht zwingend an die Geldvermittlung gekoppelt wäre, keines, das sich nicht unwiderruflich verschärft, solange es weiter nach der Logik der Geldvermittlung zu gehen hat.“ Es sollte längst „absehbar geworden sein, dass es nach der Logik der Geldvermittlung nur die beiden Möglichkeiten gibt, entweder unterhalb des Weltmarktniveaus zu kollabieren oder auf stets vorangetriebenem Weltmarktniveau schließlich das Marktgebiet insgesamt, nämlich die Welt selbst, zu zerstören. Doch je absehbarer und gegenwärtiger bereits die Katastrophen der Geldvermittlung, umso trüber der Eifer, ausschließlich von ihr das Heil zu erwarten. (...) Umso unentrinnbarer ist offenbar das Denken eingeschlossen in eben jene Denkformen, die dem Geld entspringen (...) und die nichts anderes zu denken mehr zulassen als eine Welt gemäß dem Geld“. So hebt Bockelmann in der folgenden Studie an und setzt sogleich fort: Es war Alfred Sohn-Rethel, der als erster diese Einsicht der Abhängigkeit der Denkform der Neuzeit von der Geldform erlangt hat, aber sie blieb bei ihm Zeit seines Lebens eine nie zur klaren Erkenntnis ausgeführte „halbintuitive Einsicht“. Damit ist die Aufgabe benannt, die Bockelmann in der vorliegenden Studie lösen will, nämlich die richtige Intuition Sohn-Rethels endlich einzulösen und kritisch-theoretisch vorzudringen in jene reale Denkform, die „die Welt im Innersten so eisern zusammenhält, dass sie darüber birst.“
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- Geschrieben von Gerhard Stapelfeldt
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Keine Theorie der Gesellschaft ist möglich, die in den Verhältnissen nicht die aufgehobene Geschichte, den utopischen Vorschein des ‘Vereins freier Menschen’ nachweisen könnte. Die globale Ordnung des Neoliberalismus, die neoliberale Theorie, aber scheint solcher Gesellschaftstheorie den Boden zu entziehen durch ihre drei grundlegenden Dogmen: daß die Gesellschaft als Ganze unerkennbar sei, daß darum das ‘Ende der Geschichte’ ebenso wie das ‘Ende der Utopien’ gekommen sei. Eine Theorie der Gesellschaft im Interesse theoretischer und praktischer Kritik muß daher in der neoliberalen Ordnung die Negation der Utopien als “bestimmte Negation” aufklären, die die verleugneten utopischen Potenzen doch in sich aufgehoben enthält.
Der Text geht dieser “bestimmten Negation” geschichtsphilosophisch nach: durch die Darstellung der Genese und des Verfalls der Utopie des Glücks – der, neben der Utopie der Vernunft, anderen großen Utopie der europäischen Gesellschaftsgeschichte.
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- Geschrieben von Heinz Gess
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Im folgenden sehen Sie ein Video mit einem Interview über das Kritiknetz - Zeitschrift für kritische Theorie der Gesellschaft. Das Interview führte MrMarxismo mit Dr. Heinz Gess nach der Exittagung in Mainz im Oktober 2014. Es geht darin um die Intention des Kritiknetzes als theoretischen Organs der Bewegung der gesellschaftlichen und individuellen Emanzipation von Herrschaft, um seine Inhalte, Schwerpunktsetzungen und Entstehungsgeschichte.
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- Geschrieben von Dirk Lehmann
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Entfremdung und Verdinglichung von Jean-Jacques Rousseau bis zur kritischen Theorie
Dirk Lehmann zeichnet die Entfaltung des Entfremdungs- und Verdinglichungsbegriffs von Rousseau über Hegel, Marx, Engels, Lukács bis zur kritischen Theorie der Gesellschaft nach. Sein Aufsatz endet mit dem Plädoyer Adornos, sich Emanzipation gerade nicht als „Erfüllung der menschlichen Möglichkeiten oder den Reichtum des Lebens“ (Adorno) vorzustellen. Stattdessen heißt es: „Zart wäre einzig das Gröbste: dass keiner mehr hungern soll. Alles andere setzt für einen Zustand, der nach menschlichen Bedürfnissen zu bestimmen wäre, ein menschliches Verhalten an, das am Modell der Produktion als Selbstzweck gebunden wäre.“ (Adorno, Minima Moralia, Ges. Schr. 4, 178)
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- Geschrieben von Helmut Dahmer
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Nach Helmut Dahmer können Karl Marx und Sigmund Freud „als die Begründer dieser dritten Art von Wissenschaft gelten, die sich mit Institutionen der Seele und der Sozietät befasst, die den vergesellschafteten Individuen als ‚natürliche’ erscheinen und sich dadurch gegen Veränderung immunisieren. Die Kritik solcher pseudonatürlichen Produktionen zielt darauf ab, sie durch Rekonstruktion ihrer Entstehungsgeschichte zu de-fetischisieren, um sie reformieren oder auflösen zu können. Die Institutionenkritik ist die Wissenschaft von den Subjekten der Lebens- und Sozialgeschichte. Wo das Verstehen versagt, greift sie provisorisch auf Erklärungen zurück, die sich daran bewähren, dass die davon betroffenen Subjekte sie adoptieren können, also die Erklärung ihres Verhaltens ihrem Selbstverständnis integrieren (und sie damit gegenstandslos machen).
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- Geschrieben von Detlev Claussen
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Vortrag zur Eröffnung der Konferenz „Kritische Theorie. Eine Erinnerung an die Zukunft“, Humboldt Universität, Berlin am 29. November 2013
Detlev Claussen stellt in seinem Vortrag zunächst heraus, dass nicht alles, was den Namen „Kritische Theorie“ usurpiert, diesen Namen auch verdient. Dazu gehören insbesondere Jürgen Habermas und sein Gefolge von Wissenschaftshistorikern. Sie verkennen die kritische Theorie als ein an den konformistischen Wissenschaftsbetrieb „anschlussfähig“ zu machendes interdisziplinärens Forschungsprogramm, das es ermöglichen soll, in Form „konstruktiver Kritik“ an allem und jedem alles – Hegel, den symbolischen Interaktionismus (G. H. Mead), Emil Durkheim, die angelsächsische Sprachphilosophie, Heidegger - mit der anschlussfähigen Version der „Kritischen Theorie“ und miteinander zu einem integrierten Ganzen zu verbinden, das der kritiklosen „Theorie sozialer Systeme“ als vermeintlich kritischem Paradigma entgegengehalten wird.
Ferner erinnert er nachdrücklich daran, dass der Namensgeber der Kritischen Theorie Max Horkheimer heißt - und nicht etwa Wolfgang F. Haug, B. Brecht oder A. Gramsci.[1]
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- Geschrieben von Heinz Gess
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Honneths Israelkritik im Kontext seiner Theorie
Der folgende Text entstand im Nachgang zu meiner im Kritiknetz veröffentlichten scharfen Kritik an der Verleihung des Adorno-Preises der Stadt Frankfurt ausgerechnet an Judith Butler. Ich versuche mir darin Klarheit darüber zu verschaffen, wie die Israelkritik Axel Honneths und seine positive Einstellung zur Verleihung des Adorno-Preises an Judith Butler mit seiner affirmativen „neuen kritischen Theorie“ zusammenhängt.
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- Geschrieben von Dirk Lehmann
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Dirk Lehmann kritisiert im vorliegenden Aufsatz zunächst den hektischen Aktionismus der heutigen Bewegungslinken (Blockupy) sehr scharf. „Diese Rebellen … suchen kraft einer sich beinahe überschlagenden Kampagnenhuberei … der Welt ihr Elend doch noch einzuleuchten; wie bei der Schnäppchenjagd ist die Gefahr des Zuspätkommens allgegenwärtig. Eine solche, kein Maß kennende Agitation und Propaganda ist ein Spiegelbild des Akkumulationszwangs. Und wie dieser heute die Individuen bis zur Erschöpfung aktiviert, wären die Rebellen Anhänger einer Art Burn-Out-Kommunismus.“ [1]
In Gegensatz zu diesem „Burn-out-Kommunismus“ bestimmt er die gegenwärtige Zeit, in der die manipulierten Massen loyal zur kapitalkonformen Demokratie stehen, für die Bewegung der Emanzipation als eine „Zeit des Rückzugs“, in der es darauf ankommt, neue Kraft zu schöpfen, neu zu lernen, alte Fehler als solche zu begreifen und zu korrigieren,
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- Geschrieben von Klaus-Jürgen Bruder
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Die Kluft, die uns Heutige von Brückner trennt, hat sich nicht einfach ergeben durch das Älterwerden der 68er und das Nachwachsen einer neuen Generation, sondern sie wurde politisch hergestellt und durch die „Rückkehr der Macht in die Regelung der zwischenmenschlichen Verhältnisse“ erzwungen (Bruder, 2012). Dadurch wurde die kritische Theorie der Gesellschaft als ganze (Adorno, Horkheimer, Marcuse, Löwenthal) und zugleich was Brückners Theorie, Methode und seine Haltung als Intellektueller als Teil desselben kritischen auszeichnete, an den Rand gedrängt. Gleichwohl sind sie in der Sache für uns Heutige unverzichtbar. Wir haben „ein Erbe anzutreten, indem wir erst mal zu erfassen versuchen, was sie damals bedeuteten, um zu erkennen, was wir heute brauchen, und was uns heute fehlt.“ (Bruder, 2012)
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- Geschrieben von Gerhard Stapelfeldt
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Würdigung und Kritik des gleichnamigen Buches von Ernst Bloch
Gerhard Stapelfeldt legt im folgenden Essay dar, dass Blochs "Geist der Utopie" zwei Seiten hat. Auf der einen Seite (1) ist es eine vehemente Kritik des verdinglichten gesellschaftlichen Kosmos instrumenteller Vernunft, die in gewisser Weise vorwegnimmt, was rund ein Jahrzehnt später im Frankfurter Institut für Sozialforschung zum Programm der "Kritischen Theorie der Gesellschaft" wird. Diese Seite würdigt Stapelfeldt sehr ausführlich. Auf der anderen Seite (2) bleibt die Kritik Blochs durch die Form ihrer Durchführung aber auch dem von ihr Kritisierten wesentlich verhaftet. Sie durchdringt es nicht in immanenter Kritik, sondern setzt sich ihr nur äußerlich-dogmatisch entgegen. Insofern verfehlt sie den Anspruch, den die dialektische, historisch-materialistische Kritik der in sich widersprüchlichen gesellschaftlichen Faktizität als Selbstverständigung der Bewegung der Emanzipation an sich stellen muss.
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- Geschrieben von Gerhardt Stapelfeldt
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Wie der neoliberale Fetischismus sich zu einer imaginären Welt verdoppelt und dadurch das Land Utopia besetzt
Solange die Menschen ihre Geschichte ohne Bewusstsein und bewussten Willen machen, glauben sie sich mythologischen, religiösen und metaphysischen (Schicksals-) Mächten als herrschenden Subjekten der Geschichte unterworfen und fetischisieren sie zur eigentlichen Realität hinter der Welt des bloßen Scheins.
In der folgenden Studie „Versuche über Unwirklichkeit“ stellt Stapelfeldt dar, dass die neueste Gestalt dieses imaginierten, unwirklichen kollektiven Unbewussten „das Gesellschaftlich-Imaginäre“ ist. Er bestimmt es als ‚Welt des Denkens, das sich absolut gegen das Nicht-denken verselbständigt wähnt, seine Genese nicht zu erinnern vermag und sich absolute Herrschaft’ anmasst, als „Welt der losgelassenen Omnipotenzphantasie“ des totalitären, „rationalisierten, von Göttern gereinigten Fetischismus“. (Stapelfeldt, S. 2) Das geschieht in mehreren Schritten. Zunächst stellt er kurz die Entwicklung von der bürgerlichen Aufklärung (liberalistische Epoche) bis zur Implementation des Neoliberalismus als Reaktion auf die Krise des staatsinterventionistischen Kapitalismus und auf das sich abzeichnende ökologische Krisenszenario (Club of Rome, Grenzen des Wachstums) dar.
Implementiert in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts setzte sich der postmoderne Neoliberalismus alsbald gegen den bis dahin dominierenden Staats-interventionismus durch und wurde in den 90er Jahren unter wechselnden Labeln zum herrschenden ökonomischen und kulturellen ideologischen Code der sich zur Totalität aufspreizenden Marktgesellschaft: ökonomisch unter dem Label „Globalisierung“, kulturell unter den Labeln „Postmoderne“ oder „New Age“, psychologisch als „transpersonale“ („humanistische“) Psychologie“ und soziologisch als „Systemtheorie“. Seine ideologische Attraktivität besteht darin, dass er „die endliche Basis der Kapitalakkumulation zu überwinden“ und somit „einen krisenfreien Kapitalismus zu konstituieren“ (a.a.O., S. 8) verspricht. Das soll mit Hilfe dreier Technologien möglich werden: Biotechnologie, Informationstechnologie, Reaktortechnologie oder Öko-Technologie als funktional äquivalente, aber weniger risikoreiche Alternativen zur Atomtechnologie. Im Resultat führte die Anwendung dieser Technologien zur Konstitution einer „ent-stofflichten, imaginären Gesellschaftswelt“ des total verselbständigten Tauschwerts (a.a.O., S. 7), d. h. eines „Zustandes der vollendeten Verdinglichung der Welt“, in dem es „keine Natur mehr gibt“. (Adorno, GS 11, S. 285). In dieser Welt scheinen Gesellschaft und Natur „in einem imaginär-entstofflichten Kosmos“ verschmolzen. „Ökonomisch scheint der Wert der Waren absolut verselbständigt, so dass die Selbstbeziehung des Werts als Kapital durch kein Nichtidentisches vermittelt ist.“ (a.a. O., S. 8)
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- Geschrieben von Gerhard Stapelfeldt
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Stapelfeldt erläutert in der folgenden Abhandlung zunächst den historischen Kontext der religiösen Individualisierung im späten Mittelalter. Sie war danach Folge des Zerfalls des mittelalterlichen, religiös gestützten Mythos der Welteinheit infolge einer Krisenkonstellation von Katastrophen. Die Krise führte ökonomisch zum Übergang von der alten Ökonomie der Hauswirtschaft zur Chrematistik, d. h. zum Kapitalismus in Form des Kaufmanns- und Verlagskapitalismus. Der Fortgang der Ware-Geld-Ware-Tausch zum Geld-Ware-Geld-Tausch und damit die Erhebung des Geldes zum Selbstzweck wirtschaftlichen Handelns bedeutete philosophisch, dass der am Tausch gewonnene Logos Selbständigkeit und Identität erlangte – allerdings erst in Gestalt Gottes - und sich die Vorstellung des Individuums als des innerlich freien selbständigen Menschen in unmittelbarer Einheit mit dem Logos (Gott), dem Identisch-Allgemeinen, ausbildete. „Es konstituierte sich in Form der metaphysischen Identität“ (S. 4)
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- Geschrieben von Stefan Breuer
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Dass die kritische Theorie keine durchgängige Einheit ist, ist bekannt, (...) "Kaum thematisiert wurde bisher jedoch, daß es nicht nur Unterschiede zwischen dem frühen und dem späten Werk der kritischen Theorie gibt, sondern unterschiedliche Versionen des ’Paradigmakerns‘ selbst, die auf divergierende Theorieabsichten der beiden Hauptexponenten zurückzuführen sind: Max Horkheimers und Theodor W. Adornos. Damit soll weder behauptet werden, daß diese Divergenzen bewußt ausgetragen wurden, noch daß sie das gemeinsame Werk in Frage stellen: die ’Dialektik der Aufklärung‘ ist das Ergebnis einer theoretischen Allianz, die eine weitgehende Übereinstimmung der Grundüberzeugungen voraussetzt. Dennoch gehen die Diskurse Horkheimers und Adornos in dieser Übereinstimmung nicht auf; sie überschneiden sich nur in einem Teilbereich, während sie im übrigen abweichende, mitunter konträr entgegengesetzte Erkenntnisziele verfolgen." (Breuer)
Stefan Breuer vergleicht in der folgenden Studie die Differenzen von Horkheimer und Adorno und leuchtet durch die Profilierung der Differrenzen einige Seiten der kritischen Theorie genauer aus, als es bis dato geschehen war.
Heinz Gess
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- Geschrieben von Bernd Ternes
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Der Aufsatz hat Luhmanns Systembegrifflichkeit zum Gegenstand der kritischen Reflexion.
Der Autor will durch Bezugnahme auf die an Marx geschulte Erkenntnistheorie Sohn-Rethels Erkenntnis klar machen, warum die Systemtheorie Luhmanns unannehmbar ist. (Heinz Gess)
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- Geschrieben von Peter Ruben, Camilla Warnke
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Bemerkungen zu G. Lukács' Konzept der „Ontologie des gesellschaftlichen Seins"
Aus dem Artikel von Ruben und Warnke(1): "Zweifellos betrachtet Georg Lukács die kategoriale Bestimmung der Arbeit als das Schlüsselproblem in der Untersuchung der gesellschaftlichen Bewegung und Entwicklung. In seiner „Ontologie des gesellschaftlichen Seins“ jedenfalls versucht er, eben diese Position zu realisieren – und zwar in bemerkenswerter Selbstkorrektur seines einst in „Geschichte und Klassenbewußtsein“ vertretenen Standpunktes. Diese Selbstkorrektur bezieht sich expressis verbis bekanntlich auf die in den frühen zwanziger Jahren formulierte Tendenz, „den Marxismus ausschließlich als Gesellschaftslehre, als Sozialphilosophie aufzufassen und die darin enthaltene Stellungnahme zur Natur zu ignorieren oder zu verwerfen“(2), auf die Attitüde also, die Natur überhaupt als „gesellschaftliche Kategorie“ (3) aufzufassen. Und mit Recht wendet Lukács gegen seine frühere Position ein, daß ein Begriff der Ökonomie, aus dem „die Arbeit als Vermittler des Stoffwechsels der Gesellschaft mit der Natur . . . herausfällt“4, einen eingeengten, verkürzten Determinationsakt reflektiert. Mit Recht proklamiert er auch, „daß gerade die materialistische Auffassung der Natur die wirklich radikale Trennung zwischen bürgerlicher und sozialistischer Weltanschauung herbeiführt“.
Wir stimmen diesem Urteil vorbehaltlos zu. Wir sind mit Lukács einig darin, daß der marxistischen Analyse menschlicher Gesellschaftlichkeit eben die Analyse der Arbeit obligatorisch zugrunde zu legen ist, und teilen auch die Entschiedenheit, mit der er auf der theoretischen Realisierung dieser Voraussetzung besteht. Nichtsdestoweniger halten wir es für erforderlich, gegen Lukács zu polemisieren, so-fern der wirkliche Inhalt dieser Realisierung zur Debatte steht, sofern es wesentlich um die philosophisch-kategoriale Untersuchung der Arbeit und damit zugleich um die Bestimmung des Zusammenhangs der menschlichen Gesellschaft mit der Natur geht. ……