Kritik und Auflösung von Sohn-Rethels Rätsel
„Unsichtbar ist das Geld heute in all seiner Macht“, aber „unsichtbar ist es als „eine Denkform, von der wir nichts wissen, die jedoch unser Wissen und Denken ...bestimmt“. (...) Keines der unabsehbar zahlreichen und unüberblickbar ausgedehnten Probleme globaler Zerstörung und Not, das nicht zwingend an die Geldvermittlung gekoppelt wäre, keines, das sich nicht unwiderruflich verschärft, solange es weiter nach der Logik der Geldvermittlung zu gehen hat.“ Es sollte längst „absehbar geworden sein, dass es nach der Logik der Geldvermittlung nur die beiden Möglichkeiten gibt, entweder unterhalb des Weltmarktniveaus zu kollabieren oder auf stets vorangetriebenem Weltmarktniveau schließlich das Marktgebiet insgesamt, nämlich die Welt selbst, zu zerstören. Doch je absehbarer und gegenwärtiger bereits die Katastrophen der Geldvermittlung, umso trüber der Eifer, ausschließlich von ihr das Heil zu erwarten. (...) Umso unentrinnbarer ist offenbar das Denken eingeschlossen in eben jene Denkformen, die dem Geld entspringen (...) und die nichts anderes zu denken mehr zulassen als eine Welt gemäß dem Geld“. So hebt Bockelmann in der folgenden Studie an und setzt sogleich fort: Es war Alfred Sohn-Rethel, der als erster diese Einsicht der Abhängigkeit der Denkform der Neuzeit von der Geldform erlangt hat, aber sie blieb bei ihm Zeit seines Lebens eine nie zur klaren Erkenntnis ausgeführte „halbintuitive Einsicht“. Damit ist die Aufgabe benannt, die Bockelmann in der vorliegenden Studie lösen will, nämlich die richtige Intuition Sohn-Rethels endlich einzulösen und kritisch-theoretisch vorzudringen in jene reale Denkform, die „die Welt im Innersten so eisern zusammenhält, dass sie darüber birst.“
Als zentralen Fehler, den Sohn-Rethel bei der Einlösung der richtigen Intuition macht, identifiziert Bockelmann, dass ihm, Sohn- Rethel, derselbe Apriorismus und Transzendentalismus, den er um seiner Durchbrechung willen auf die Geldabstraktion zurückführte und so als durchlässig, als nicht-apriorisch widerlegte, bestimmende Denkform blieb. Sohn-Rethel gehorcht jener Denkform selber „blind, deren genetische Herleitung er in ihren Grundzügen erkannt hatte und zu deren Liquidation er sie aufzubieten dachte. Das musste die fehlende und doch so nötige Erkenntnis verhindern.
Dass Bockelmann Sohn-Rethels Fehler so sicher zeigen kann, hat zur Voraussetzung den Nachweis, den Sohn-Rethel für unmöglich hielt: den empirischen Nachweis, dass wirklich die Geldform - Geld als kapitalistisches Geld -, gerade sie und nichts sonst jene bestimmte Denkform genetisch bedingt. „Es ist das Geld, wie wir es kennen, Geld, das unserem heutigen, dem neuzeitlichen Begriff von Geld entspricht – und dem umgekehrt das Geld davor noch keineswegs entsprochen hat. Zu diesem ‚Geld als Geld’ kommt es nicht in einer quasi naturgesetzlichen Entwicklung, in welcher Formbestimmungen des früheren, eines in diesem Sinne noch unterentwickelten Geldes endlich zu dem Ihren gefunden hätten. Der Begriff des frühen Geldes ist ein anderer, nicht bloße Keimform dessen, wohin das Geld sich schon immer hätte entwickeln wollen. Vielmehr bedurfte es sehr eigener historischer Umstände, damit Geld zu dem wurde, was wir heute als seinen Inbegriff ansehen. Es bedurfte einer besonderen Entwicklung, die sich zunächst allein in den westeuropäischen Ländern vollzog, bevor sie von diesen Ländern dann mit unbeschreiblicher Gewalt exportiert, nämlich der übrigen Welt aufgezwungen wurde. Es ist die historische Entwicklung hin zum kapitalistischen Geld.“ (Alle Zitate aus E.: Bockelmann)
Heinz Gess
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