Im Frühjahr dieses Jahres (2019) erschien im Verlag “Westfälisches Dampfboot“ ein neues Buch von Helmut Dahmer mit dem Titel „Freud, Trotzki und der Horkheimer-Kreis. In seinem zweiten Teil stellt der Autor detailliert das Netzwerk der Revolutionstheoretiker und -praktiker dar, in dem sich die Mitarbeiter des Frankfurter Instituts für Sozialforschung bewegten. Damit füllt er eine bei vielen bis heute bestehende Wissenslücke. Denn es gehörte zur Überlebensstrategie des Instituts in der Emigration, diese Kontakte und inhaltlichen Bezüge in den veröffentlichten Schriften des Instituts zu verschweigen. "Nur Benjamin, Siegfried Kracauer und Theodor W. Adorno dispensierten sich gelegentlich von dieser – vom Selbsterhaltungs-Interesse diktierten – Strategie des Beschweigens. Nicht nur wurde der Horkheimer-Kreis ständig durch das FBI überwacht, sondern treue Diener der Stalin-Kirche lauerten auch in den USA auf „Dissidenten“, die von der linientreuen Presse diffamiert wurden und deren Leben, sofern sie von einiger Bedeutung schienen, von GPU-Killern bedroht war." (Dahmer)
Weil Benjamin gelegentlich die Strategie des Verschweigens durchbrach, wissen wir von ihm, dass er in den dreißiger Jahren Trotzkis Schriften gelesen und mit Begeisterung aufgenommen hatte. Er erkannte Ähnlichkeiten zwischen sich und dem Revolutionär Trotzki, der sich zu dieser Zeit auf der Flucht vor den GPU Killern der stalinistischen UdSSR in der Emigration befand. Das nimmt Dahmer zum Anlass, diesen Ähnlichkeiten in mehreren Kapiteln in seinem Buch nachzugehen. Im vorliegenden Aufsatz greift der Autor darauf zurück und stellt zwei ihm besonders wichtig erscheinende Ähnlichkeiten zwischen Benjamin und Trotzki heraus. Das sind: 1. Parallelitäten der Lebenswege beider und 2. Parallelitäten der Geschichtsauffassungen von Trotzki und Benjamin als „Revolutionshistoriker“. Ihre Geschichtsauffassung kennzeichnet die sechste der geschichtsphilosophischen Thesen von Walter Benjamin: "Dem historischen Materialismus geht es darum, ein Bild der Vergangenheit festzuhalten, wie es sich im Augenblick einer Gefahr dem historischen Subjekt unversehens einstellt. Die Gefahr droht sowohl dem Bestand der Tradition wie ihren Empfängern. Für beide ist sie ein und dieselbe: sich zum Werkzeug der herrschenden Klasse herzugeben. In jeder Epoche muß versucht werden, die Überlieferung von neuem dem Konformismus abzugewinnen, der im Begriff steht, sie zu überwältigen."
Heinz Gess
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