Mit der Wiederentdeckung der Spiritualität im New Age, der Wiederentdeckung der Idee der angeblich heiligen hierarchischen Ordnung des kosmischen Ganzen, dem Wiederaufleben des spirituell begründeten Führerkults und dem Glauben an die Selbsterlösung im hier und jetzt, geht seit Mitte der achtziger Jahre eine Kampagne zur spirituellen Relativierung oder gar Rehabilitierung des Nationalsozialismus einher. Den Startschuß für diese Kampagne hat Bhagwan anno 1985 in einem Spiegelinterview gegeben. Darin läßt er durchblicken, dass er die Idee des ganzheitlichen, in der "verborgenen harmonischen" Ordnung der Natur lebenden Menschen, wie sie von spirituellen Denken propagiert wird, für die Fortsetzung der vom Nationalsozialismus eigentlich gemeinten, »schönen und lichten«, nur seinerzeit leider missbrauchten und falsch realisierten Idee des neuen rassischen Menschen und sich selber für die Erfüllung dieser lichten Idee, also für den besseren Hitler und den Rajneeshismus für den besseren Faschismus hält.
Er sei wie Hitler, führt er aus, aber ohne die Fehler, die dieser bei der Realisierung des ganzheitlichen authentischen Menschentums gemacht habe. Hitlers Eigenschaften und das, was er eigentlich gewollt habe, seien positiv gewesen. Er sei »so moralisch wie Mahatma Gandhi« gewesen, »vom Wesen her ein Hindu, noch mehr als Gandhi. Er war ein Heiliger«. Und damit auch wirklich kein Zweifel bleibt, dass er vom gleichen Schlage wie Hitler ist, fügt er hinzu: »Ich liebe diesen Mann. Er war verrückt. Aber ich bin noch verrückter.« Wenige Wochen später schiebt er, besorgt um sein Renomee als »Meister«, in einer Presseerklärung nach: »Wenn ich gesagt habe, daß ich eine gewisse Liebe für Hitler habe, meinte ich damit, daß ich Ehrlichkeit, Integrität, Mut und Direktheit liebe. Und diese Eigenschaften haben in dem Mann gesteckt. Nur hat er sie mißbraucht. Ich verurteile die Art, wie er diese Qualitäten einsetzte, aber diese Qualitäten kann ich nicht verurteilen.« »Ich hasse Menschen die Masken tragen. Denn sie betrügen jeden, sich selbst eingeschlossen.[...] Adolf Hitler hatte keine Maske.« Nach dem Startschuß Bhagwans wird die Kampagne zur spirituelle Relativierung und Rehabilitierung des deutschen Faschismus von Bahro 1989 in seiner »Logik der Rettung« fortgesetzt. Unverblümt bescheinigt er dort den Ideologen der »konservativen Revolution« der Weimarer Republik, sie seien als die »mehr oder weniger dem Nationalsozialismus Verfallenen [...] dichter an elementaren seelischen Realitäten der Epoche« gewesen. Daß das so ist, erweckt in ihm die Gewißheit, daß in der Nazibewegung Positives »verlarvt« gewesen sei, das »dann immer gründlicher pervertiert wurde«. Dieses vermeintlich Positive sei, meint er, eine »Notwendigkeit, weil wir sonst von den Wurzeln abgeschnitten bleiben, aus denen jetzt Rettendes erwachsen könnte« . Konsequent erklärt er den Nationalsozialismus dann zu einem »notwendigen, [...] indisponiblen, unvermeidlichen Ereignis«, das »die psychologisch nächstliegende Antwort auf die Herausforderung« der krisenhaften Zeit gewesen sei, und stellt fest, die Weimarer Demokratie sei »dazu bestimmt« gewesen, »von der Nazibewegung gesprengt zu werden.« Eine ähnliche Sprengung der Demokratie und ein Durchbruch zu einem spirituell legitimierten, autoritären Führerstaat ist seiner Überzeugung nach auch heute wieder fällig. Das ist aber, meint er, ohne einen wahren Führer, einen »Fürsten der Wende«, der »das kommende neue Ganze vorverkörpert« und die positiven archetypischen Energien bündelt, nicht zu erreichen. Also fordert Bahro wegen des Positiven, das im Nationalsozialismus verlarvt war, und wegen der notwendigen Führergestalt, ein neues 1933. »Kein Gedanke verwerflicher als der an ein neues 1933?« fragt er rhetorisch und gibt die Antwort: »Gerade der aber kann uns retten. Die Ökopax-Bewegung ist die erste deutsche Volksbewegung seit der Nazibewegung. Sie muß Hitler miterlösen, die seelische Tendenz, die er immer noch in uns ist.« Dann beschreibt er in lichtesten Farben, wodurch sich der "erlöste" Hitler vermeintlich vom alten unterscheidet, und es kommt doch nichts anderes heraus als der alte faschistische Führerkult, die Beschwörung der totalitären Einheit von Volk und Führer als »mystischer Demokratie« . In ihr seien, heißt es, alle in »Kontakt mit dem Geist«, den der »Führer« verlebendigt, und deshalb seien in diesem Zustand »Monarchie und Demokratie identisch« . Das ist exakt die mystifizierende Beschreibung totalitärer Herrschaft, der Ausschaltung alles Nichtidentischen und Heterogenen. Es ist das Phantasma absoluter Homogenität. Folgerichtig wird von Bahro auch jedweder Pluralismus abgelehnt: »Je stärker aber eine Neuordnung objektiv notwendig wird, desto mehr erweist sich der Pluralismus bloß als eine Ideologie mehr, sich um das Notwendige zu drücken.« Auch in dieser Verachtung der Massen und der liberalen Demokratie als Herrschaft der Dummköpfe oder der »dumpfen Schichten« des Volkes besteht zwischen Bahro und Bhagwan volle Übereinstimmung. So schreibt Osho (1993): In der Demokratie muss »die Wahrheit [...] durch Mehrheit bewiesen werden. In Wirklichkeit ist das Gegenteil der Fall: Die Mehrheit glaubt immer an Lügen; denn die Mehrheit besteht aus Dummköpfen. Demokratie ist im Grunde eine Mobokratie. [...] Der Mob hat keinen Standpunkt. Er ist reines Chaos.«
Notiz: über Bahro, Bagwan und Reich von Heinz Gess
Link zum Artikel (PDF): "Der »Neue Mensch« als Ideologie der Entmenschlichung". Klicken Sie bitte hier.
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