Über die politisch-geistige Misere der Professorenschaft heute
Abschiedsvorlesung am Fachbereich Sozialwissenschaften der Hochschule Koblenz anlässlich der Versetzung in den Ruhestand, gehalten am 10.12.2014.
Michael Wolf stellt in seiner Abschiedsvorlesung „Professorendämmerung“ dar, dass sich in den letzten drei Jahrzehnten, der historischen Phase des staatlicherseits implantierten Neoliberalismus, ein bemerkenswerter Wandel in der deutschen Professorenschaft an den geistes- und sozialwissenschaftlichen Fakultäten vollzogen hat: Aus mehrheitlich kritischen Intellektuellen wurden Mandarine (Ringer 1987). Er schreibt: „Wie die Luft zum Atmen, so gehört zum Intellektuellen die Kritik an der Macht. Und ihre eingreifende Kritik muss sich, wenn es notwendig ist, zum Widerstand erhöhen. Es braucht nicht viel Phantasie, um zu erkennen, dass Intellektuelle damit zu »Störungsfaktoren« (Schumpeter 1980: 237) der jeweils herrschenden Ordnung des Politischen werden. Dass sie in dieser Rolle über Tugenden verfügen müssen, die der Herrschaft eher als Untugenden gelten, nämlich Mut und Konfliktfähigkeit, liegt auf der Hand.“
Vor diesem Hintergrund verbietet es sich, so Wolf weiter, affirmative oder heteronome Professoren der Geistes- und Sozialwissenschaften als Intellektuelle zu bezeichnen. Vielmehr müssen sie als das bezeichnet werden, was sie wahrhaft sind. auch wenn sie es nicht gerne hören: ‚Mandarine’, die sich der Macht als dienende Geister anbieten und sich der Aufgabe des Intellektuellen, in der Öffentlichkeit und gegebenenfalls auch an ihr für eine bessere gesellschaftliche Praxis Kritik zu üben, schmählich verweigern.
s. dazu auch: Heinz Gess (2008), Thesen zur Kritik der autoritären, kapitalförmigen Transformation der Hochschule, in: Kritiknetz – Zeitschrift für Kritische Theorie der Gesellschaft. Link: http://bit.ly/1sniFAt
Gerhard Stapelfeldt (2009), Kritik der neoliberalen Zerstörung der Universität, in: Kritiknetz – Zeitschrift für Kritische Theorie der Gesellschaft. Link: http://bit.ly/13vYZW6
Heinz Gess
Heinz Gess
Link zur Abschiedsvorlesung von Michael Wolf h i e r