Noch im Februar 2006 äußerte Rupert Polenz, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, die Hoffnung, dass Deutschland "wegen der traditionell langen und guten Beziehungen zu Teheran auch bei einer Situation noch Gehör finde(t), wo man ansonsten relativ taub geworden ist." Diese Erwartung wurde offenkundig enttäuscht. Warum ruft Polenz dann aber einen Monat später die USA zu "direkten Verhandlungen" mit Teheran sowie zur Berücksichtigung der "legitimen Sicherheitsinteressen" Irans auf? Dass der iranische Präsident die Sicherheitsinteressen seines Landes bedroht sehen könnte, unterstellen ihm nur diejenigen, die sich weigern, seine Kriegserklärung ernst zu nehmen: "Wir stehen inmitten eines historischen Krieges, der seit Hunderten von Jahren andauert", erklärte Ahmadinejad im Oktober 2005. "Wir müssen uns die Niedrigkeit unseres Feindes bewusst machen, damit sich unser heiliger Hass wie eine Welle immer weiter ausbreitet."
"Wir haben aus unserer Geschichte gelernt", hat die Bundeskanzlerin auf der Münchener Sicherheitskonferenz im Februar 2006 erklärt. Tatsächlich? Hatte man nicht auch 1933 gehofft, dass ein derart verrückter Führer binnen kürzester Frist wieder von der Bühne abtritt? Hatte man sich nicht damals schon geweigert, das, was in den Ohren vernünftiger Menschen einfach nur verrückt klingt, ernst zu nehmen? Hatte man nicht selbst 1937 noch gehofft, das bedrohliche Deutsche Reich durch Entgegenkommen zu beschwichtigen und zu zähmen? Nur eine verschwindende Minderheit wusste damals, was Stefan Zweig kurz vor seinem Selbstmord notierte, nämlich "dass das Ungeheuerlichste als selbstverständlich zu erwarten war."
Das Ungeheuerlichste aber trägt ein immer neues Gesicht. Heute kommt es in Gestalt sympathischer Typen vom Schlage eines Ahmed Kasemi und eines Farid Mortazawi daher, die aus dem Holocaust eine Karikatur machen wollen. Der polnische Außenminister, Stefan Meller, hat das Notwendige dazu gesagt: Es sei "jenseits jeglicher vorstellbaren Norm, das Thema zu hinterfragen, zu diskutieren oder zu verhandeln." Ein Land aber, das den Wahnsinn - jenseits jeglicher vorstellbarer Norm - als Regierungspolitik praktiziert, hat sich aus der Gemeinschaft, die man die "Vereinten Nationen" nennt, herauskatapultiert. Es ist umso bemerkenswerter, dass Deutschland auch weiterhin ganz normale Beziehungen zu Ahmadinejads Iran unterhält.
Notiz: s. auch die Homage von Matthias Küntzel
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