Wie der Politaktivismus die theoretische Begriffsbildung ruiniert
Verkürzte Kapitalismuskritiken gibt es wie Sand am Meer. Die Eigenart abolitionistischer Kapitalismus- und Gesellschaftskritik besteht darin, die manifeste Gewalt der repressiven Staatsapparate sowie die (rassistischen) Auswahlkriterien ihrer bevorzugten Opfer(-gruppen) zu kritisieren, ohne die Zwecke staatlicher Institutionen und deren funktionale Zusammenhänge zu verstehen - was einen Begriff des kapitalistischen Staates voraussetzen würde. Die begriffslose und isolierte Betrachtung staatlicher Organisationen mündet in einer Dämonisierung der Täter(-organisationen), die ihre Entsprechung in der Heroisierung der Opfer(-gruppen) findet.
Den ’Subalternen' werden infolge ihrer defizitären Integration in die ‚Mehrheits- oder Dominanzgesellschaft‘ besondere epistemische Fähigkeiten, sozialmoralische Qualitäten und gesellschaftstransformative Potentiale zugesprochen. Von diesen identitätspolitischen Prämissen ausgehend erfolgt im Abolitionismus die Theorie- und Begriffsbildung, die sowohl die empirische Analyse als auch die politische Strategiediskussion anleiten.
Im Text werden die Theorien, die historischen Thesen und die politischen Strategien des Abolitionismus entlang seiner hierzulande prominentesten VertreterInnen, Daniel Loick und Vanessa E. Thompson, vorgestellt und überprüft.
Gliederung des Textes
1 Einleitung
2 Der anti-reformistische und systemtransformative Anspruch abolitionistischer Theorie und Praxis
3 Methode
3.1 Die wissenssoziologische Begründung von Erkenntnisvorsprung und -blockade
3.2 Inklusion auf erweiterter Stufenleiter
3.2 Die Anteillosen und ihre überlegene Praxis der Selbstorganisation
4 Diagnose
4.1 Racial Capitalism
4.2 Der fehlende Begriff des kapitalistischen Staates
4.3 Funktionalität der Polizei
4.4 Die abolitionistische Forderung nach einer ‚guten Policey‘ von unten
4.5 Empirie: ‚koloniale Kontinuitäten‘ und ‚Kolonialität der Polizei‘
5 Therapie
5.1 Die systematische Beschränktheit zivilgesellschaftlicher Intervention
5.2 Ziele und Mittel
6 Fazit
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