Anatomie des Wahns
Wilhelm Reichs Klassiker „Massenpsychologie des Faschismus“ provoziert Vergleiche zwischen 1933 und heute.
Im Januar 2020 ist im Psychosozial-Verlag Gießen die ursprüngliche Version von Wilhelm Reichs sozialwissenschaftlichem Hauptwerk erschienen, die „Massenpsychologie des Faschismus“, nach 87 Jahren erstmals wieder im redigierten Originaltext. Herausgeber des Originaltextes ist Andreas Peglau. Anlässlich dieser Neuausgabe erscheint im Kritiknetz der Essay von Helmut Dahmer mit dem oben genannten Titel.
Reich hatte Anfang der dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts das erklärte Ziel, die Kritik der politischen Ökonomie von Gesellschaften, in denen kapitalistische Produktionsweise herrscht, mit der von ihm kritisch gelesenen Psychoanalyse zu einer neuen kritischen Theorie auf der Grundlage der Marx’schen Kritik zu verbinden. Das Programm formulierte er erstmalig in seiner Studie „Dialektischer Materialismus und Psychoanalyse“ (1929/34). Wenige Jahre später (1933) erschien Reichs „Massenpsychologie des Faschismus“, eine sexualökonomische Interpretation des antisemitischen Massenwahns und Führer- und Gemeinschaftskults der Nazis. Sie war, so Dahmer (im folgenden Text) „in jeder Hinsicht eine Pionierarbeit“ der Mentalitätsforschung. Aber „Psychoanalytiker wie Stalinisten fanden 1933, gleichermaßen verblendet, auf Reichs Massenpsychologie des Faschismus keine andere Antwort, als diesen Autor zu ächten“. (Dahmer) So ist sie bis heute ein Solitär geblieben. Acht Jahrzehnte später aber „taucht der lang verdrängte ’nationalsozialistische Untergrund‘ vor unseren Augen gespenstisch wieder auf. Da wird Reichs legendärer Originaltext von 1933 zur Analyse des neuen Autoritarismus, Rechtsextremismus wieder gebraucht. (Dahmer)
Im Anschluss an den Artikel folgt ein Link auf das HÖRBUCH: Wilhelm Reichs „Massenpsychologie des Faschismus“ (1933) von Andreas Peglau.
Zum Anhören und kostenlosen Herunterladen.
Heinz Gess
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