Zur Diskussion über Psychoanalyse und Sprache
Was hat die marxistische Sprachphilosophie mit der Psychoanalyse gemein – und wo prallen sie unversöhnlich aufeinander? In seinem vielschichtigen Text untersucht Heiko Bolldorf die ideologische Tiefenschärfe von Sprache, wie sie bei Vološinov angelegt ist, und stellt diese in eine kritische Beziehung zu Freuds und Lacans psychoanalytischen Konzeptionen. Dabei zeigt sich: Vološinovs materialistische Sprachauffassung widerspricht zentralen Annahmen Lacans, der das Unbewusste vor aller sozialen Prägung denkt. Doch auch Vološinovs Kritik an Freud ist nicht ohne Fallstricke – besonders dort, wo er das Sexuelle aus der gesellschaftlichen Sprachlichkeit ausklammert.
Alfred Lorenzers Theorie bietet hier einen produktiven Ausweg, indem sie Trieb und Sprache als gesellschaftlich hervorgebrachte Phänomene zusammendenkt. Darüber hinaus wird deutlich: Sprachliche Artikulation ist nicht nur Medium, sondern auch Ausdruck gesellschaftlicher Machtverhältnisse – und damit selbst umkämpft. Die psychoanalytische Selbstkritik des Subjekts wird so zur Bedingung jeder politisch-emanzipatorischen Praxis, die herrschende Bedeutungsordnungen unterlaufen will.
Ein Text, der psychoanalytische, linguistische und gesellschaftskritische Perspektiven miteinander verschränkt – und dabei zeigt, warum wahre Befreiung nie ohne Sprache gedacht werden kann.
Heinz Gess
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