Der Beitrag setzt sich mit der Geschichte der deutschen Psychiatrie auseinander. Hierbei wird insbesondere auf die Folgen hingewiesen, die der mit der Heidelberger Schule verbundene Begriff der Ruptur nach sich zieht. Die Folgen werden sowohl beleuchtet für die Fragen, die sich mit der Schuldfähigkeit und der Steuerungsfähigkeit verbinden, als auch für die, die sich gegenüber einem integrativen sozialpsychiatrischen Versorgungsansatz stellen.
Der Rupturbegriff ist, zumindest teilweise, auch dafür verantwortlich, welche willkürlich gesplitteten Versorgungsangebote in der Bundesrepublik existieren. Die Kehrseite des fehlenden integrativen Ansatzes ist eine hochspezialisierte psychiatrisch-psychotherapeutische Landschaft. Jede Spezialisierung hat als Kehrseite aber auch die, dass sie egen dieser Spezialisierung Patienten auch aus dem Versorgungsangebot ausklammern können. Dies zu vermeiden ist nur möglich, wenn auch in der Erkrankung die Historizität des Patienten in seiner psychosozialen Integration weiter bestehen bleibt und dies eine Grundlage für ein integratives Angebot psychopharmakologischer, sozialtherapeutischer und psychotherapeutischer Behandlung darstellt. Die Folgen dieser psychopathologischen Konzeption werden auch beleuchtet in Bezug auf die aktuellen Überlegungen der forensischen Psychiatrie, zu den Fragen des Behandlungsbedarfes bzw. der Behandlungsmöglichkeit bestimmter Krankheitsbilder. Hierbei bleibt die Gefahr einer wertenden psychiatrischen Grundhaltung gegenüber bestimmten Krankheitsbildern, die als Variation der Norm nicht krank, sondern minderwertig sind, bestehen.
Prof. Dr. Heinfried Duncker
weiterlesen hier (97.66 KB)