Seit etlichen Jahren hat die Stigmatisierung und Diskriminierung von Arbeitslosen als »Sozialschmarotzer« in Politik und Medien wieder Hochkonjunktur. Kenner der Materie sind davon jedoch nicht überrascht. Für sie ist dies im Grunde nichts Neues, weil seit Bestehen des Wohlfahrtsstaats Arbeitslose immer wieder als arbeitsunwillige Müßiggänger und Schmarotzer denunziert worden sind. Und doch signalisiert, so Michael Wolf in seinem Essay, die in den letzten Jahren erneut aufgeflammte Kampagne gegen Arbeitslose und insbesondere gegen sogenannte Hartz-IV-Empfänger eine neue Qualität.
Hinter ihr verbirgt sich mehr als eine der üblichen und in Konjunkturen verlaufenden Debatten über Sozialleistungsmißbrauch. Sie ist, so die nur auf den ersten Blick provokant anmutende These des Autors, Ausdruck eines sozialen Krieges, der gegen die zum innerstaatlichen Feind erklärten Arbeitslosen geführt wird. Eine These, die von Michael Wolf in überzeugender Weise unter Rekurs auf Überlegungen von Carl Schmitt und Georgio Agamben einerseits und Michel Foucault andererseits dargelegt wird. Er zeigt auf, daß es Politik und Verwaltung mit den Hartz-Gesetzen um weit mehr geht, als um die bekannten und im herrschenden Diskurs zu Recht als menschenrechtsanstößig kritisierten ordnungs-, fiskal-, arbeits- und sozialpolitischen Motive – nämlich: um die Etablierung eines Freund-Feind-Schemas, wodurch die die Arbeitslosen zu einem augenfälligen Symbol jenes von der »politischen Existenz« getrennten »nackten Lebens« werden, das der Kapitalismus notwendigerweise in seinem Inneren schafft und dessen Gegenwart er in keiner Weise mehr weder tolerieren will noch kann.
Heinz Gess
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