In der Auseinandersetzung mit der Protestbewegung gegen die Wiederwahl Mahmud Ahmadinedschads zum iranischen Präsidenten hat das Regime in Teheran Rückendeckung seitens der deutschen Rechten erhalten. Das ist wenig verwunderlich, denn die islamische Republik Iran erfreut sich dort diverser Sympathien. Sie gilt als eine gegen die Zumutungen des Westens gefeite Bastion nationaler und kultureller Souveränität.
Durch die Person Ahmadinedschads ist zudem eine integrierende Führerfigur als
Staatspräsident hinzugekommen, die sich als Anwalt der kleinen Leute zu inszenieren
versteht. Die Macht stützt sich neben den staatlichen Organen auch auf die Gewalt der vom
Wächterrat gesteuerten Milizen: Paramilitärs, Revolutionsgarden und Hisbullah. Mit der
Umsetzung des Tugendterrors im Alltag reicht der Arm des Staates bis in die Intimsphäre
seiner Bürger. Zwar fehlt der Zuchtgedanke, der in der nationalsozialistischen
Rassengesetzgebung zu finden ist, doch ist auch hier eine biopolitische Grundierung kaum zu
übersehen, deren Dreh- und Angelpunkt die Kontrolle der Sexualität ist. Mit der
patriarchalischen Ausrichtung des Rechtssystems und der Praktizierung von Körperstrafen
tritt die staatliche Macht ihren Untertanen unmittelbar gegenüber. Diese Unmittelbarkeit von
Macht ist ganz nach dem Geschmack autoritärer Charaktere hierzulande, denen das Konzept
von der Souveränität des Bürgers als Rechtssubjekt seit jeher zu abstrakt ist.
Gläubiger Parteigänger oder ungläubiger Feind
Angesichts dieser Dispositionen ist es, ganz unabhängig davon, ob es auf iranischer Seite
überhaupt zu einer Carl Schmitt-Rezeption gekommen ist, nachvollziehbar, dass hiesige
Epigonen Schmitts wesentliche Elemente seiner katholisch grundierten politischen Theologie
in der Theokratie Irans wieder erkennen. Der Iran ist ein moderner autoritärer Staat, dessen
Machtgefüge unter Ahmadinedschad zunehmend hermetischer wurde. Er kennt damit nur
noch die Kräfte des Staates auf Seiten Ahmadinedschad und seine Gegner. Ganz wie bei
Schmitt verdichtet sich damit das politische Feld auf zwei Pole. Angesichts der Totalität
dieser beiden letzten verbleibenden Möglichkeiten wird für Schmitt aus der Politik eine
Offenbarung, die nur noch den gläubigen Parteigänger oder den ungläubigen Feind kennt:
Assoziation oder Dissoziation.
Da Offenbarungen nicht verhandelbar sind, muss in diesem Schema jeder Protest in den
Augen der Machthaber die Systemfrage stellen. Chamenei hat in seiner jüngsten
Entscheidung zugunsten des Präsidenten keinen Zweifel daran gelassen, dass er jederzeit
vermag, über den Ausnahmezustand zu bestimmen, um das System zu schützen. Denn die
jetzige Protestbewegung erinnert die Machthaber schmerzhaft daran, dass sie ihr Ziel, die
Verschmelzung der iranischen Gesellschaft mit dem islamischen Staat, auch nach 30 Jahren
Tugendterror nicht erreicht haben. Für diese „Nicht-Unterscheidbarkeit“ im Sinne Schmitts ist
die Zerschlagung der iranischen Oppositionsbewegung überlebenswichtig, für die sie jetzt von
hiesigen Nazis und Jüngern Carl Schmitts angespornt wird.
versteht. Die Macht stützt sich neben den staatlichen Organen auch auf die Gewalt der vom
Wächterrat gesteuerten Milizen: Paramilitärs, Revolutionsgarden und Hisbullah. Mit der
Umsetzung des Tugendterrors im Alltag reicht der Arm des Staates bis in die Intimsphäre
seiner Bürger. Zwar fehlt der Zuchtgedanke, der in der nationalsozialistischen
Rassengesetzgebung zu finden ist, doch ist auch hier eine biopolitische Grundierung kaum zu
übersehen, deren Dreh- und Angelpunkt die Kontrolle der Sexualität ist. Mit der
patriarchalischen Ausrichtung des Rechtssystems und der Praktizierung von Körperstrafen
tritt die staatliche Macht ihren Untertanen unmittelbar gegenüber. Diese Unmittelbarkeit von
Macht ist ganz nach dem Geschmack autoritärer Charaktere hierzulande, denen das Konzept
von der Souveränität des Bürgers als Rechtssubjekt seit jeher zu abstrakt ist.
Gläubiger Parteigänger oder ungläubiger Feind
Angesichts dieser Dispositionen ist es, ganz unabhängig davon, ob es auf iranischer Seite
überhaupt zu einer Carl Schmitt-Rezeption gekommen ist, nachvollziehbar, dass hiesige
Epigonen Schmitts wesentliche Elemente seiner katholisch grundierten politischen Theologie
in der Theokratie Irans wieder erkennen. Der Iran ist ein moderner autoritärer Staat, dessen
Machtgefüge unter Ahmadinedschad zunehmend hermetischer wurde. Er kennt damit nur
noch die Kräfte des Staates auf Seiten Ahmadinedschad und seine Gegner. Ganz wie bei
Schmitt verdichtet sich damit das politische Feld auf zwei Pole. Angesichts der Totalität
dieser beiden letzten verbleibenden Möglichkeiten wird für Schmitt aus der Politik eine
Offenbarung, die nur noch den gläubigen Parteigänger oder den ungläubigen Feind kennt:
Assoziation oder Dissoziation.
Da Offenbarungen nicht verhandelbar sind, muss in diesem Schema jeder Protest in den
Augen der Machthaber die Systemfrage stellen. Chamenei hat in seiner jüngsten
Entscheidung zugunsten des Präsidenten keinen Zweifel daran gelassen, dass er jederzeit
vermag, über den Ausnahmezustand zu bestimmen, um das System zu schützen. Denn die
jetzige Protestbewegung erinnert die Machthaber schmerzhaft daran, dass sie ihr Ziel, die
Verschmelzung der iranischen Gesellschaft mit dem islamischen Staat, auch nach 30 Jahren
Tugendterror nicht erreicht haben. Für diese „Nicht-Unterscheidbarkeit“ im Sinne Schmitts ist
die Zerschlagung der iranischen Oppositionsbewegung überlebenswichtig, für die sie jetzt von
hiesigen Nazis und Jüngern Carl Schmitts angespornt wird.
Volker Weiß
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