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Diagnostik der Überflüssigen

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Geschrieben von: Heinz Steinert
Kategorie: Kritik der Politischen Ökonomie, Staatskritik
Veröffentlicht: 03. April 2005
Zugriffe: 13024
Die Freunde und Förderer der "Wissens-Gesellschaft" sind mit großer Gelassenheit dabei, ein Fünftel bis ein Drittel der Gesellschaft verloren zu geben. Am schönsten und einfachsten hat es wahrscheinlich der Systemtheoretiker Helmut Willke gesagt: "Das unterste Segment der rund 20% nicht oder gering qualifizierter und qualifizierbarer Arbeitnehmer ist hoffnungslos. Es wird mit deutlicherer Ausbildung der Wissensgesellschaft immer weniger in der Lage sein, sich durch Arbeit selbst zu erhalten und mithin die Armutsgrenze unterschreiten und/oder dauerhaft auf zusätzliche Transfereinkommen angewiesen sein."
Die rund 20% Ausschuss sind in der "Wissensgesellschaft" nach Auskunft des Systemsoziologen, der nicht von dieser Welt zu sein scheint, sondern als quasi "transpersonaler Zeuge" gelassen das Funktionieren des "autopoietischen Systems" beobachtet, das menschlichen "Ausschuss" produziert wie der lebende Organismus Sch., unausweichlich, weil das System der "Wissensgesellschaft" nun einmal so funktioniert, wie es funktioniert. Sie sind überflüssig, weil nicht anschlussfähig.
 


Der Begriff der "Überflüssigkeit" mangels "Nichtanschlussfähigkeit" mutet objektiv und gesamt-funktional an: Es gibt Merkmale und Eigenschaften, Qualifikationen und Zustände, die sind insgesamt einfach überflüssig. Die Frage danach, wer da warum welche Eigenschaften und Merkmale überflüssig macht, verschwindet in der Bezeichnung. Ob das etwas mit der Produktionsweise zu tun hat und wie diese beschaffen ist, selbst diese Frage, stellt sich der Systemsoziologie nicht. Die rund 20% sind eben einfach "überflüssig für das Große & Ganze", also aus der Perspektive einer Gesamtvernunft. Nach der System-Soziologie kommt so etwas in einer Situation des Umbruchs, wie wir ihn gerade erleben, eben vor. So ist der Welten Lauf. Aber dieser Umbruch und Weltenlauf selbst bleibt unbefragt: Er findet einfach statt, als gesellschaftliche Entwicklung, ohne Akteure. Man tut so, als ob die "Wissensgesellschaft" sich durchsetzt, und sagt nicht, dass diese Durchsetzung betrieben wird, sagt auch nicht, von wem und mit welchen Gründen sie betrieben wird. Aber hat das "transzendentale Subjekt", das sich da "selbst bewegt" und in seiner Selbstbewegung Umbrüche hervorbringt, die es durch den System-Soziologen auch noch selbst beobachten läßt,  nicht eine bestimmte gesellschaftliche Form, die veränderbar ist, eine Form, in der sich die Herrschaft des Menschen über den anderen Menschen vollzieht? Hat das Überflüssigwerden der Vielen nicht mit dieser Herrschaft zu tun? Wäre das nicht gerade die Frage, die eine Soziologie, die den Menschen etwas erklären und sich von der eigenen Ohnmacht nicht dumm machen lassen will, sich zu stellen hätte - und die weitere Frage: wie diese Form zu verändern wäre, damit die Menschen nicht zunehmend mehr zu überflüssigen faux frais werden? Die Sache der System-Soziologie sind solche Fragen offensichtlich nicht. Für sie ist das "Große und Ganze" ein autopoietisches (lebendes) System, das wie jedes lebende System durch Eingriffe von außen "getötet" werden kann. Und wer will schon den "Mord" am Großen und Ganzen riskieren. Da will der Soziologe lieber die Produktion von "menschlichen Ausschuss" als Überlebensnotwendigkeit des "großen Ganzen", als menschliche Opfergabe an den tranzendentalen Moloch hinnehmen und als transpersonaler Zeuge des unvermeidlichen Umbruchs fungieren.

Heinz Gess


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