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Kapitalismus in der Krise - Die Finanzkrise: Ursachen und Folgen

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Geschrieben von: Hans Peter Büttner
Kategorie: Kritik der Politischen Ökonomie, Staatskritik
Veröffentlicht: 14. Januar 2009
Zugriffe: 14273
Hans Peter Büttner argumentiert, dass der Ursprung der Finanzkrise in Verwertungsproblemen des "realen" Kapitals und der Umverteilungspolitik seit den siebziger Jahren liegt - mit den entsprechenden Folgen für die Reproduktionsbedingungen des Kapitals. Er kommt zu dem Ergebnis, dass es längst nicht nur um eine "Finanzkrise" im engeren Sinn geht, "sondern um die Frage, welches Wirtschaftssystem, welches Ordnungssystem, welches Gesellschaftssystem wir wollen. Die gängige Kritik an "raffgierigen Bankern", der Wallstreet oder den Spekulationsgeschäften erweist sich hierbei als verkürzt und scheinradikal. Sie impliziert die alte, verkürzte Kapitalismuskritik der Nazis, die bekanntlich zwischen dem guten "schaffenden" und dem bösen "raffenden" Kapital unterschied. Sich hier aber auf die Seite des vermeintlich "guten", nationalen Realkapitals zu schlagen ist ein folgenreicher und gefährlicher Denkfehler, denn erstens sind industrielle Kapitalisten mitnichten "bescheidener" als Banker. Eine solche Annahme wäre schlichtweg Unsinn.

 

Zweitens sind industrielle Kapitalien nicht in Bewegung setzbar ohne Kreditbebziehungen und somit finanzkapitalistische Institutionen.
Drittens sind ökonomische Verflechtungsprozesse zwischen dem Finanzkapital und dem Industriekapital nicht so simpel wie naive Geister oft annehmen, diese Schubläden also keineswegs fein säuberlich getrennt. Längst drängen große Industriekonzerne wie Autokonzerne, Mobilfunkbetreiber oder Handelsketten ins Finanzgeschäft und Banken geben ihre Industriebeteiligungen teilweise ab. Ich erinnere nur daran, dass der italienische Autokonzern Fiat gemeinsam mit der führenden französischen Genossenschaftsbank Crédit Agricole in diesem Jahr eine gemeinsame Bank für Konsumentenkredite gegründet hat.
Viertens stellen industrielle Produktionsprozesse nicht minder "spekulative" Geschäfte dar, denn in einer kapitalistischen Marktwirtschaft ist auch jedes produzierte Auto - wie derzeit General Motors schmerzlich erfahren muss - nur ein Produkt, mit dem auf einen Käufer spekuliert wird. Fünftens ist es generell so, dass der Mehrwert  im Kapitalismus ja nicht als "Naturalabgabe", sondern als monetäre Größe anfällt. Die bloße Kritik am Finanzkapital, den Bankern, der Gier oder den USA ist also im Kern reaktionär und folgt antisemitischen Denkmustern."

Eine innerkapitalistische Lösung für die Problemlage hält Hans Peter Büttner nicht für möglich. Denn sie müsste entweder systemfremde Normen verpflichtend machen wie "Bescheidenheit" oder "Nachhaltigkeit" oder einen Weg zu exponentiellem Wachstum bzw. wachsendem Masseneinkommen unter den Bedingungen des postfordistischen, globalen Kapitalismus aufzeigen. Keynesianische Modelle werden auch keine dauerhafte Rettung bringen können, weil sie systematisch die destabilisierenden Effekte der Inflation und niedriger Zinsen übersehen - wie umgekehrt bei den Monetaristen die Gefahren von Deflation und hohen Zinsen.

Was bleibt? Nur eine qualitativ neue Gesellschaftsordnung kann uns vom Fluch des real-logischen Antagonismus des Kapitals befreien. Im Gegensatz zur hegemonialen Meinung, dass es keine Alternativen zum herrschenden globalen Kapitalismus gibt, gibt es konkrete Utopien wie etwa die von Michael Albert und Robin Hahnel zur "Parecon", einer "participatory economy" und von Paul Cockshott und Allin Cottrell zu einem basisdemokratischen Sozialismus. Beide Ansätze haben nichts mit den gescheiterten, staatssozialistischen Parteibürokratien zu tun, sondern suchen Auswege aus der globalen Krise über partizipatorische, demokratische Ansätze, welche die ökonomischen Verhältnisse wieder den Menschen dienstbar machen statt umgekehrt die Menschen den selbstlaufenden Apparaten und ihren Vollstreckern zu unterwerfen.
Deshalb sind sie meines Erachtens unterstützenswert und sollten sehr viel mehr in die öffentiche Diskussion gebracht werden, die Not tut, wie nie zuvor. Wo aber wäre ein geigneterer Ort für die Diskussion als die Universität, (wenn sie noch eine wäre).

Heinz Gess



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