Über den Zusammenhang von Ostidentität und nationalem Sozialismus
Im Osten hat sich über die Jahre und mit der Verschärfung der ökonomischen Rahmenbedingungen ein lokalpatriotisches Bewusstsein verfestigt, das klipp und klar als nationalsozialistisch zu kennzeichnen wäre: Gemeinschaft, antiwestliche bzw. antibürgerliche Ressentiments, Arbeitsethos und eine autoritäre Grundstimmung des Alltages (Abweichung als Bedrohung) eignen sich bestens, um den Anspruch, wirklich deutsch zu sein - nämlich zu "Arbeit und Tod 'geeignet und gewillt'" (Bruhn, 1994, S.107) - zu erheben und dieses Lebensgefühl auch aktiv auszuleben.
Die ostdeutsche Gemeinschaft der ewigen Opfer zeichnet sich durch eine hohe "Binnensolidarität" aus und dies beinhaltet spiegelbildlich auch den konsequenten Ausschluß derer, die laut Definition nicht dazugehören: Fremde, Unnütze, verdächtige Störer des Betriebsfriedens.
Dieses Bewusstsein wird jetzt von der NPD genutzt, wie die Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern gezeigt haben. Dabei ist aber die NPD keinesfalls das eigentliche Problem, genauso wie die groß angelegten Anti-Rechts-Kampagnen seit dem Jahre 2000 nicht die Lösung darstellen. Die NPD ist für Jüngere, wie die Wahlstatistiken gezeigt haben, Träger und Ausdruck eines Bewusstseins, das die "Alten" bei der Linkspartei finden. Ein Bewusstsein, in dem asoziale Zustände mit einem urdeutschen Krisenbewusstsein verschmelzen und das sich keinesfalls auf so genannte Rechtsradikale beschränkt, sondern das flächendeckend im Osten anzutreffen ist. Der Aufstand der Anständigen mit der bewegungslinken Antifa als Avantgarde widmet sich in Reaktion auf die Verrohung des Ostens in völliger Betriebsblindheit jedoch irgendwelchen faschistischen Strukturen, die aufgedeckt und bekämpft werden sollen. Dieser als Lösung angepriesenen Volksfront ist allerdings gründlich zu misstrauen. Denn diese selbst bedient das Prinzip faschistischer Mobilmachung : als "protestierender Volksbrauch" rotten sich Menschen zusammen, "um sich zu entrüsten über irgend etwas, was mit dem Sinn der Gemeinschaft nicht zu vereinbaren sei" (Adorno, 1993, S. 65).
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