Jungs affirmative Ausdeutung des Satzes »Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist« ist die politische Konkretion seiner Archetypenlehre. Sie verweist auf die Zwei-Reiche-Lehre Luthers, die politische Konkretion der Lutherischen Theologie von der »Freiheit eines Christenmenschen«. Wenngleich Jung Luther zur Begründung seiner Thesen kaum jemals offen heranzieht, sondern sich lieber auf andere Autoren wie den Mystiker Meister Eckhardt stützt, sind die Entsprechungen doch so augenfällig, daß ich Jung einen Reformator aus dem Geist der Lutherischen »Furcht vor der Freiheit« nennen möchte. Jung gibt dieser Furcht ein neues moderneres Gesicht, indem er den romantisch-völkischen Begriff des kollektiven Unbewußten aufgreift und die »Erfahrung« der Archetypen des kollektiven Unbewußten bewirken läßt, was in der Lutherischen Theologie der Glaube mit seinen Zusagen und Verheißungen bewirken soll.
Heinz Gess
Link zum Artikel (PDF): "Die Furcht vor der Freiheit. Über die Wiederkehr von Luthers falschem Zauber". Klicken Sie bitte hier.