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Kritik des Anti-Faschismus der SED

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Geschrieben von: Dr. Harry Waibel
Kategorie: Ideologiekritik
Veröffentlicht: 16. Dezember 2007
Zugriffe: 14887
Die neo-faschistischen, rassistischen und antisemitischen Ereignisse in der DDR bilden, obwohl es sich hier nur um die "Spitze des Eisbergs" handelt, die empirische Basis der Kritik des Anti-Faschismus der SED. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil sie Kritik am Neo-Faschismus hat vermissen lassen. Den orthodoxen Verteidigern der DDR konnte es so gelingen, die historischen Fakten zu verdrängen. Die strenge Geheimhaltung ist die wichtigste Ursache dafür, dass es zu dieser Thematik über einen langen Zeitraum kein politisches oder historisches Bewusstsein geben konnte. Diese Kritik als individuelle und kollektive Selbstkritik, muss elementarer Bestandteil einer wissenschaftli­chen und publizistischen Beschäftigung mit der Geschichte der Arbeiterbewegung, werden, wenn die Idee der Emanzipation wach gehalten werden soll.

Die SED hatte einen Anti-Faschismus etabliert, der als gewichtige Legitimation für den Staat und die Gesellschaft der DDR anzusehen ist. Dieser Anti-Faschismus jedoch - das ist der Ausgangspunkt für diese Kritik- war "blind" gegenüber einem neo-faschistischen Phänomen, das sich in der DDR, aber nicht nur dort, zu einem immer größer werdenden Problem entwi­ckelte. Dieser Neo-Faschismus ist Ausdruck einer komplexen Ideo­logie zur Propagierung und Durchsetzung inhuma­ner und undemokratischer Ziele. Seine wesentlichen ideologi­schen Säulen sind Autoritarismus, Rassismus und Antisemitismus. Den alten und neuen Faschisten in der DDR bot die Militarisierung der Gesellschaft, der chauvinistische Nationalismus und die als Anti-Zionismus ausgegebene antisemitische Ideologie vielfältige, offene und untergründige Möglichkeiten der ideologischen Durchdringung der ostdeutschen Öffentlichkeit mit ihrem, auf die Aufhe­bung der Nachkriegsordnung gerichteten, subversiven Revisionismus. Über Neo-Faschisten und deren mögliche Aktivitäten gab es bis zum Zusammenbruch der DDR keine gesicherten Informationen, weil die SED beinahe lückenlos dafür gesorgt hat, dass Informationen über neo-faschistische, antisemitische und rassistische Ereignisse nicht nur vor ihrer eigenen Bevölke­rung, sondern eben auch vor ausländischen Beobachtern geheim gehalten wurden. Entgegen der kolportierten Mei­nung, erst ab den 1980er Jahren hätte es Neo-Faschismus, Rassismus und Antisemitismus gegeben, muss klar und deutlich gesagt werden, dass diese Phänomene in Ost-Deutschland bereits ab 1945 festzustellen sind. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die propagandistische Verherrlichung des nationalso­zialistischen Groß-Deutschlands und der faschistischen Partei-, SS- und Wehrmachtsführer und um rassistisch motivierte physische Angriffe auf Migranten. Der als Anti-Zionismus bezeichnete Antisemitismus der SED hatte über Jahrzehnte eine gewichtige politische und ideologische Funktion in der Innen- und Außenpolitik. Die vorwiegend männ­lichen Akteure sind, entweder als individuelle Täter oder in lokalen Gruppen, auf allen gesellschaftichen Ebenen, z. B. in den meisten Schulfor­men (Polytechnische Ober-, Erweiterte Ober-, Hoch-, Fach- und Berufsschulen) und in den bewaffneten Kräften zu finden. Betroffen davon sind Städte und Gemeinden in allen Bezirken des Landes.
Zu diesen Neo-Faschisten gesellten sich ab Ende der 1970er Jahre neofaschistische Skinheads und sie struktu­rierten, durch ihre in der Öffentlich­keit demonstrativ gezeigte Uniformierung (Glatze, Stiefel, usw.) die Szene. Zu ihnen stießen, ebenfalls ab Ende der 1970er Jahre gewaltbereite Fußball-Anhänger, so genannte Hooligans, die, zusammen mit den Skinheads, eine solche Kraft entwickelten hatten, dass sie sich mit Einheiten der Volkspoli­zei gewalttätige Straßenschlachten liefern konnten. Antisemitismus und Rassismus erschienen in der DDR auf einer institutionellen und auf einer gesellschaftlichen Ebene, die z. B. bei der Unterdrückung und Vertreibung von Migranten, ihre komplexen Interessen bündeln und ergänzen konnten. Diese historischen Fakten weisen auf die Notwendigkeit hin, den bestehenden Anti-Faschismus einer kritischen Überprü­fung zu unterziehen, um daraus die Lehren für einen emanzipatorischen Anti-Faschismus zu entwickeln.



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