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Göttinger Verschwörungstheorien. Über den Antisemitismus der klugen Kerle an deutschen Hochschulen

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Geschrieben von: Liza, Broder
Kategorie: Israelkritik, Nahost
Veröffentlicht: 03. Juli 2008
Zugriffe: 9726
Vor knapp zwei Wochen vertrat ein Göttinger Universitätsprofessor in einem Vortrag
vor akademischem Publikum die Ansicht, die elf während der Olympischen Spiele 1972 in München von palästinensischen Terroristen ermordeten israelischen Sportler hätten von dem bevorstehenden Attentat gewusst und seien freiwillig in den Tod gegangen, um sich für Israel zu opfern. "Da hat also augenscheinlich ein Akademiker seinen Projektionen freien Lauf gelassen - Projektionen, mit denen nicht zufällig und nicht zum ersten Mal Juden das unterstellt wird, was die Nationalsozialisten Praxis werden ließen und was in Teilen auch die arabisch-muslimischen Feinde Israels kennzeichnet. Dass die israelischen Olympiateilnehmer sich nicht zuletzt deshalb so willig hätten ermorden lassen, um "die Schuld (und auch die Schulden) Deutschlands gegenüber dem Staat Israel zu verlängern", wie Krüger in seinem Referat behauptete, rundet seine Verschwörungstheorie schließlich ab.
Das Zurückrudern in der öffentlichen Erklärung erfolgte nur halbherzig, und es wirkt weniger glaubwürdig als vielmehr wie die hektische Reaktion von einem, dem gerade der Wind eiskalt ins Gesicht bläst. Die "Fallstricke des Antisemitismus", von denen Arnd Krüger sprach, er hat sie selbst ausgelegt und ist dann über sie gestolpert. Man darf gespannt sein, wie die Konsequenzen aussehen werden - wenn es denn überhaupt welche gibt" (Lisa)
Lisas Vermutung, es sei denkbar, dass es keine Konsequenzen gäbe, ist inzwischen wahr geworden. Das Universitätsrektorat distanziert sich von allem, nur nicht von Krögers teils haltlosen, durch nichts belegten, teils nachgewiesenermaßen falschen Behauptungen, und lässt sie "entsprechend den Regeln guter wissenschaftlicher Praxis" prüfen. Dazu Broder:
" Während Krüger abtauchte und telefonisch nicht zu erreichen war, gingen auch seine Kollegen vom Institut für Sportwissenschaften auf Distanz. (...) Anfragen beim Rektorat wurden an die Pressestelle weiter geleitet, dort war zu erfahren, der Präsident der Universität habe die Ombudskommission beauftragt, die Äußerungen von Krüger entsprechend den Regeln "guter wissenschaftlicher Praxis" zu prüfen, das könnte aber eine Weile dauern. In einer "Erklärung", die der Präsident der Universität am Montagabend herausgab, hieß es, "Thesen oder Hypothesen von Angehörigen der Universität (müssen) im wissenschaftlichen Diskurs behandelt und bewertet werden, bevor sie von der Hochschulleitung kommentiert werden". Zugleich distanzierte sich das Präsidium "entschieden von allen Äußerungen rassistischen oder auch antisemitischen Inhaltes innerhalb und außerhalb der Universität" und bedauerte es "zutiefst, dass Äußerungen eines Göttinger Wissenschaftlers Anlass dazu gegeben haben, als Angriff auf den Staat Israel und seine Bürger oder als antisemitische Positionen verstanden zu werden". Im Klartext: Das Präsidium der Göttinger Uni distanzierte sich von allem, nur nicht von den Ansichten Krügers. Und es bedauerte, dass seine Äußerungen missverstanden worden sein könnten. Krüger selbst meldete sich zeitgleich mit einer mail zu Wort, in der er versicherte: "Ich bedaure sehr, dass der Eindruck entstanden ist, als sei ich ein Anti-Semit."
Der Vorfall in Göttingen offenbart einmal mehr, mit welch gegensätzlichen Maßen an Deutschlands Hochschulen gemessen wird, wenn es um Antisemiten, Nazis, ihre heimlichen Sympathisanten und um ihre Kritiker geht. Während an der Bielefelder Fachhochschule ein Soziologieprofessor aus dem Fachbereich Sozialwesen prompt mit einem Disziplinarverfahren überzogen wird, weil er wahrheitsgemäß feststellte, dass der Elite-Nazi Werner Haverbeck von 1973 bis vermutlich 1979 Professor für Sozialwissenschaft an der FH Bielefeld war und seine Tätigkeit von der Hochschulverwaltung vermutlich gedeckt wurde, indes die kritische wissenschaftliche Arbeit von derselben Verwaltung entgegen allen "Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis" gedeckelt und schikanisiert wird, werden in Göttingen dieselben Regeln bemüht, um ein leicht erkennbares, antisemitisches Konstrukt des Professors Krüger in Schutz zu nehmen. Ein Bösewicht ist, wer Böses dabei denkt und das eine mit dem anderen zusammenbringt, obgleich doch beides zusammen erst an den Tag bringt, wie es um die "Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis in Deutschland" tatsächlich bestellt ist und wozu sie de facto eingesetzt werden
Heinz Gess.


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