Alfred Schobert: Analysen und Essays. Extreme Rechte – Geschichtspolitik – Poststrukturalismus
Unrast Münster 2009, 434 S., 29,80 € www.unrast-verlag.de
Weil es solche Stimmen gibt, hat die Zeit des Menschen nicht die Form der Evolution, sondern die der ‚Geschichte’.
Michel Foucault: „Nutzlos, sich zu erheben“
„Die tun doch nichts“, „die spielen nur“, „jeder Text eine einzige ästhetische Schreibwirkung“ – Noch immer ist das Ressentiment gegen vornehmlich französische, grob unter dem Titelwort „Poststrukturalismus“ zusammengefasste Philosophen nicht verklungen. Abgeschwächt ist es auch in einer Form zu finden, welche die Richtigkeit ihrer Analysen zwar nicht bestreitet, sie dann aber übergeht,weil sie für die Praxis nicht anleiten würden. Dass post-strukturalistische Theorie und politische Praxis sehr wohl eine Verbindung eingehen können, beweisen die zahlreichen Texten von Alfred Schobert (1963-2006). Eine Sammlung seiner luziden wie klugen Darlegungen zu den inhaltlichen Stichpunkten Extreme Rechte, Geschichtspolitik und Poststrukturalismus hat das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung, wo Schobert als wissenschaftlicher Mitarbeiter wirkte, nun herausgegeben und damit für eine breitere Öffentlichkeit als das Fachpublikum zugänglich gemacht. Das Buch bietet zum einen eine Zusammenfassung mit zeitgleicher Demontage respektive Dekonstruktion der krassesten Ausfälle deutscher Eliten – etwa FDP- Politiker Klaus Kinkel (Normalisierungsforderung und deutscher „Neuanfang“) Literat Martin Walzer (Friedenspreisrede, Ehrenrettung Albert Leo Schlageters) und Ex-CDU - Politker Martin Hohmann (Behauptung vom „jüdischen Tätervolk“) – die Versuche, Diskurse nach rechts zu verschieben, die Interpretation des Nationalsozialismus zu revidieren und dergleichen Manöver mehr. In anderen Texten nimmt Schobert die Argumentationen und Weltanschauung der Neuen Rechten auseinander, einige sind insbesondere dem Protagonisten der Nouvelle Droite, Alan de Benoist, gewidmet.
Zwei Beiträge zielen auf innerlinke Themen. So kritisiert Schobert „die Mühle der binären Reduktion“, in der sich der Streit antideutscher und antiimperialistischer Positionen verfangen hat und permanent fruchtlos reproduziert. Er empfiehlt hingegen, „sich die Zeit für produktive Umwege, langwierige Analysen und Problematisierungen auch des gängigen linken Codes zu nehmen“, wie er in einer Verteidigung Jacques Derridas gegen Anwürfe der Sophisterei und Belanglosigkeit in der Jungle World schrieb.
Gerade dieses, vehementen Eintreten für die „Poststrukturalisten“ bei gleichzeitigem Aufweis, wie man ihren methodischen Werkzeugkasten – um in einem Bild Michel Foucaults zu bleiben – nutzen kann, stellt den größten Verdienst Schoberts dar. Gilt es, weiterhin auf ihre Relevanz zu pochen, dann erinnert der Sammelband gerade daran, dass eine poststrukturalistische Haltung – und damit auf einer Linie mit Kants problematisierendem Vernunftgebrauch liegend – keine methodische Mode ist, sondern auf Dauer ein- und ausgeübt werden muss. Nur weil vieles in Frage steht und die Möglichkeit zu irren immer gegeben ist, lohnt doch das Eintreten für eine kommende Demokratie. Für ein weitergehendes Demokratisieren, denn der emanzipatorische Prozess ist unabschließbar, für ihn muss fortwährend gestritten werden, wie Alfred Schoberts Engagement zeigt. Über ihn lässt sich Gleiches sagen, wie er einst über Derrida schieb: „Beim Wiederlesen ... fällt mir nur auf, wie gerne ich diese Stimme in der weiteren Auseinandersetzung für eine andere Globalisierung noch hören würde.“
Zwei Beiträge zielen auf innerlinke Themen. So kritisiert Schobert „die Mühle der binären Reduktion“, in der sich der Streit antideutscher und antiimperialistischer Positionen verfangen hat und permanent fruchtlos reproduziert. Er empfiehlt hingegen, „sich die Zeit für produktive Umwege, langwierige Analysen und Problematisierungen auch des gängigen linken Codes zu nehmen“, wie er in einer Verteidigung Jacques Derridas gegen Anwürfe der Sophisterei und Belanglosigkeit in der Jungle World schrieb.
Gerade dieses, vehementen Eintreten für die „Poststrukturalisten“ bei gleichzeitigem Aufweis, wie man ihren methodischen Werkzeugkasten – um in einem Bild Michel Foucaults zu bleiben – nutzen kann, stellt den größten Verdienst Schoberts dar. Gilt es, weiterhin auf ihre Relevanz zu pochen, dann erinnert der Sammelband gerade daran, dass eine poststrukturalistische Haltung – und damit auf einer Linie mit Kants problematisierendem Vernunftgebrauch liegend – keine methodische Mode ist, sondern auf Dauer ein- und ausgeübt werden muss. Nur weil vieles in Frage steht und die Möglichkeit zu irren immer gegeben ist, lohnt doch das Eintreten für eine kommende Demokratie. Für ein weitergehendes Demokratisieren, denn der emanzipatorische Prozess ist unabschließbar, für ihn muss fortwährend gestritten werden, wie Alfred Schoberts Engagement zeigt. Über ihn lässt sich Gleiches sagen, wie er einst über Derrida schieb: „Beim Wiederlesen ... fällt mir nur auf, wie gerne ich diese Stimme in der weiteren Auseinandersetzung für eine andere Globalisierung noch hören würde.“
Tobias Prüwer