"Dass die im Text überall aufleuchtende Selbstvergottung auf einen autoritär-deterministischen Hintergrund satanistischen Denkens verweist, mag zwar einen Kritiker stören, Frau Fügmann aber findet keinen Grund, hier nachzubohren und dem Satan auf den Zahn zu fühlen. Gelegentlich fällt ihr zwar ein wenig Sozialdarwinismus auf, aber der bleibt unkommentiert. Solche Patzer fügen sich nahtlos in einen „zeitgenössischen“ Journalismus, der zwar seine Google-Befähigung unter Beweisstellen kann, nicht aber die geringsten Standards wissenschaftlichen Arbeitens oder des investigativen Journalismus’ genügt. Entsprechend sind die Internet-Zugriffe Fügmanns umfangreicher, als die Inanspruchnahme gedruckter Quellen und Sekundärliteratur.
Aber es kommt noch dicker. In der gesamten Arbeit ist der OTO vollständig ausgeblendet. Wer sich über Satanismus informieren will erfährt also nicht, dass der Gründer der Church of Satan, Anton Sandor LaVey wesentlich beeinflusst wurde durch die Lehre seines Freundes, des Thelemisten, Crowley-Bewunderers, OTO-Repräsentanten und zeitweiligen Gönners Lafayette Ron Hubbards, Jack Parson. Dass in der Person Parsons Schnittmengen von amerikanischem Faschismus und europäischem Gnostizismus in den Hollywood-Satanismus LaVeys eingegangen sind, ist ebenso ausgeblendet, wie jeder weitere Zusammenhang zwischen Satanismus und Faschismus. Fügmann verwendet z. B. die hervorragende Arbeit von Introvigne und Türk, nicht aber deren Erkenntnisse zu den faschistischen Elementen des Satanismus. Ebenso wenig hat sie die Erkenntnisse der besten Arbeit über Dark Wave herangezogen. Schlussendlich hätte ihr Fazit anders aussehen müssen, wenn sie das Kapitel über Satanismus bei Goodrick-Clarkegelesen hätte. Diese wenigen Literaturangaben mögen genügen, um zu belegen, warum den Rezensenten beim Lesen des Buches das Gefühl beschlich, unversehens in die 50er Jahre zurückversetzt worden zu sein. So wie es damals außer Adolf Hitler keinen Nationalsozialisten gegeben hat, so gibt es heute scheinbar keine originär deutsche, aber erst recht keine faschistische Satanisten. Fügmanns Arbeit ist in diesem Sinn keine ernst zunehmende Publikation, wohl aber der Persilschein für eine menschenverachtende Weltanschauung.
Vor wenigen Wochen hat Frank Schirrmacher seine Stimme gegen die allgemeine Neigung zur universalen Algorythmisierung erhoben und behauptet, dass kaum noch jemand fähig sei, im Internet angebotene Informationen zu prüfen bzw. ein dickes Buch zu lesen. Der Rezensent hat es zwar getan, aber angesichts des Umstandes, dass ein solch mageres Produkt so opulent ausgezeichnet wird, fühlt er sichbezüglich seiner Lesekompetenz wie Robinson Crusoe." (Herbert Rätz)
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