Zum Tod des wertkritischen Ökonomen Robert Kurz
Wer die Debatte zur aktuellen Weltwirtschaftskrise verfolgt, kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die kapitalistische Produktionsweise allein an Verteilungsproblemen und mangelnder Banken- bzw. Finanzmarktregulierung durch den Staat krankt. Einen gänzlich anderen Blick auf das kapitalistische Gesellschaftssystem vermittelte der am 18. Juli verstorbene marxistische Ökonom und Gesellschaftskritiker Robert Kurz. Sein widerständiges Denken kreiste beständig – und seit Beginn der neunziger Jahre mit einem bemerkenswerten Widerhall innerhalb der bundesdeutschen Linken – um die wert- und krisentheoretische Deutung der Marxschen Kritik der Politischen Ökonomie. Dabei verweigerte sich Robert Kurz der seit Ende der siebziger Jahren verfestigten Resignation marxistischer Ökonomiekritiker und formulierte seine Kritik sowohl des neoklassisch-wirtschaftsliberalen wie auch der keynesianisch-staatsregulativen Denkansatzes innerhalb des wirtschaftswissenschaftlichen Mainstreams.
Ebenso verweigerte sich Robert Kurz der falschen Alternative zwischen liberaler Staatskritik einerseits und dem Ruf nach dem autoritären Staat. Für ihn war keine der beiden Seiten der Alternative emanzipatorisch besetzbar. Vielmehr reflektiert sie als ganze immer nur die gesellschaftlichen Widersprüche des modernen kapitalistischen Systems: Entweder muss sich die menschliche ‚Souveränität’ gegenüber der Marktmaschine als autoritäre Kontrolle des Staates über die Individuen maskieren, oder die ‚Freiheit’ der Individuen muss sich als totale Selbstauslieferung des menschlichen Willens an den blinden Lauf der Marktmaschine maskieren". Diese falsche Alternative zwischen den rein äußerlich aufeinander bezogenen Sphären von bürgerlichem Staat und kapitalistischem Markt destruierte Robert Kurz in vielen seiner Texte gründlich.
Sein Denken, für das Gesellschaftskritik essentiell Wertkritik war, beruhte wie das Horkheimers auf einem Existentialurteil über die Zurichtung des Menschen für die Verwertungsbedürfnisse des Kapitals. Ihre Kritik fortzuführen ist eine dornenreiche, aber notwendige Aufgabe für all jene, die das Existenzialurteil teilen.
Für die emanzipatorische Linke geht mit Robert Kurz ein kompromissloser Denker verloren, dessen vom Zorn auf das schlechte Bestehende inspirierte Kritik motivierend und inspirierend bleibt.
Wenn Sie den Nachruf auf Robert Kurz "Wertkritik als Gesellschaftskritik" von Hans Peter Büttner lesen wollen, klicken Sie bitte hier !