Ein Video des Projekts "politische Bildung" an der FH-Biefefeld zum Maulkorberlass und Disziplinarverfahren des Hoschschulvatikans gegen Prof. Dr. Heinz Gess - in Verbindung mit dem Hörfunkbeitrag von Silvia Bose in WDR 5 "Der Professor schweigt".
Zur Hochschule neuen Typs:
Nichts fürchtet die Wissenschaft mehr als den Liebesentzug durch die Wirtschaft. Um attraktiver zu bleiben als die Konkurrenz, arbeitet die Hochschule der Zukunft schon heute hart an ihrem Image. Kritiker sind ihr verhasst, vor allem solche aus dem eigenen Haus. Manchmal werden Akademiker mit abweichender Meinung sogar eingeschüchtert. Wer das nicht glaubt, blicke staunend nach Bielefeld, denn die dortige Fachhochschule hat ein Disziplinarverfahren gegen einen ihrer Professoren eingeleitet, weil er die FH öffentlich kritisierte.
Zur Hochschule neuen Typs:
Nichts fürchtet die Wissenschaft mehr als den Liebesentzug durch die Wirtschaft. Um attraktiver zu bleiben als die Konkurrenz, arbeitet die Hochschule der Zukunft schon heute hart an ihrem Image. Kritiker sind ihr verhasst, vor allem solche aus dem eigenen Haus. Manchmal werden Akademiker mit abweichender Meinung sogar eingeschüchtert. Wer das nicht glaubt, blicke staunend nach Bielefeld, denn die dortige Fachhochschule hat ein Disziplinarverfahren gegen einen ihrer Professoren eingeleitet, weil er die FH öffentlich kritisierte.
Alles begann damit, dass der Soziologe Heinz Gess - der eine Internetzeitschrift für Kritische Theorie der Gesellschaft herausgibt (www.kritiknetz.de) und als engagierter Gegner der Neuen Rechten bekannt ist - von Dritten wegen eines Antisemitismusvorwurfs verklagt wurde, woraufhin die FH auf ihrer Homepage sämtliche Links zu Kritiknetz löschte. Zwar war der Klage noch nicht stattgegeben worden, doch das Misstrauensvotum der FH stand, und man muss sich nicht wundern, wenn Gess es als Signal nahm: gegen die Freiheit der wissenschaftlichen Kritik. Als Gess es Monate später wagte, den Vorgang kurz zu tadeln, nämlich in einer Anmerkung zu Peter Bierls und Clemens Henis Aufsatz Grün-braune Liebe zur Natur: Die NSDAP als »grüne Partei«, da warf die FH ihm vor, seine Dienstpflicht verletzt zu haben. Die Rektorin Beate Rennen- Allhoff erklärte, ein Beamter handle pflichtwidrig, »wenn er Verhaltensweisen seiner Vorgesetzten in der Öffentlichkeit kritisiert«. Nun ist ein Wissenschaftler aber nicht nur Beamter, sondern auch der Wahrheit verpflichtet. Die unliebsame Wahrheit, die Gess verkündet hatte, betraf ja weniger ihn selbst. Er monierte vor allem, dass die FH jahrelang den rechten Sozialwissenschaftler Werner Haverbeck (1909 bis 1999) beschäftigte, der Mitglied der NSDAP-Reichsleitung und Leiter des NS-Reichsbundes für Volkstum und Heimat gewesen war. Haverbeck blieb nach 1945 völkischer Ideologe, war während seiner Lehrtätigkeit in den Siebzigern Präsident eines rechtsextremen Umweltverbandes und 1963 Mitbegründer des rechtsextremen Tagungszentrums Collegium Humanum, das jüngst verboten wurde. - Für die FH kein Anlass, sich endlich von Haverbeck zu distanzieren. Sie distanzierte sich lieber von Gess.
Die Furcht der FH vor einer offenen Debatte über sich selbst zeigt das Problem dieser Hochschulen neuen Typs, die als Unternehmen geführt werden und ihr eigenes Marketing betreiben: Am Ende agieren sie als Zensurbehörden. Sie verraten ihren gesellschaftlichen Auftrag und verdonnern Professoren zum Kadavergehorsam.
EVELYN FINGER (Die Zeit, Nr.34, S.47)
Zum Schweigen der Lämmer:
Studentische Nachbemerkung zu einem VerwG-Verfahren in Minden, das zum Hohn und Spott auf die Wahrheitsfindung wurde: Es kann einem Studierenden der Sozialen Arbeit geschehen, dass er durch den Besuch einer einzigen ausserschulischen Veranstaltung mehr über die Akteure dieser "Hochschule der angewandten Wissenschaften" und ihren Einfluss auf Lebens -und Systemwelt erfährt als durch unzählige Seminare, in denen das methodische Handeln in der pädagogischen Berufspraxis, Persönlichkeitstheorien, Gruppendynamik oder systemische Arbeit und manches mehr unablässig als grundlegende Kenntnisse eines Studiengangs mit sehr spezifischer Professionalität vermittelt werden. Erinnern Sie sich noch an die Definition der Sozialen Arbeit als Reflexionswissenschaft sinnhaften, helfenden und pädagogischen Handelns? Gehören kommunikative Kompetenzen genau wie die reflektierte Gestaltung von Beziehungen oder gesamtgesellschaftliche Zusammenhänge; gar die Forderung nach Aufgabe des totalisierenden Denkens oder der Kontrast von individueller/institutioneller Kommunikation und deren Entfremdungsphänomene zu Ihren Lehrinhalten? Dann gäbe die Abwesenheit des Dekans am heutigen Verhandlungstermin vor dem Verwaltungsgericht Minden in der Angelegenheit Prof. Dr. Gess gegen die FH Bielefeld Anlass genug, an der Ernsthaftigkeit und Ehrlichkeit all der hochtönenden Beschreibungen der Lehrinhalte des Fachbereichs Sozialwesen zu zweifeln. Der Dekan liess spätestens mit heutigem Datum alle Masken fallen und weigerte sich (ganz um eine praktische Umsetzung positiver Aussendarstellung der FH bemüht) zum wiederholten (!) Male, vor dem Gericht zum Sachverhalt (Reaktion der Rektorin auf den Artikel "Heiliger Krieg in Bielefeld" von Prof. Dr. Gess) Stellung zu nehmen. És steht ausser Frage, dass er mit w a h r h e i t s g e m ä s s e n Antworten auf ungeklärte und unbequeme Fragen zu den wahren Hintergründen der Sperrung des Links zur Kritiknetz.de-Seite die politische Dimension dieses Vorgangs hätte offenbaren müssen. Er vollzog stattdessen den geforderten Kotau und besiegelte mit dieser beispiellosen moralischen Bankrotterklärung die Kapitulation des Fachbereichs vor dem absoluten Machtanspruch des Rektorats. Er stimmte mit ein in den Chor derjenigen, die sich vor kurzem durch ihr beredtes Schweigen von Prof. Dr Gess demonstrativ entsolidarisiert haben.
Ein weiterer trauriger Höhepunkt in der an Unterwürfigkeiten und Widerwärtigkeiten reichen Geschichte um den "Heiligen Krieg in Bielefeld" und seine Folgen. Ist es da nicht absolut folgerichtig, dass der so beredt schweigende und sich verleugnende Professor als ausgewiesener Kenner der Materie (s. "Design statt Sein") Seminare in "Social Design" hält? Und dort ganz selbstverständlich und bar jeder Ironie die Frage behandelt, mit welchen Mitteln "Wirkungen, Vertrauen oder Unterstützung" zum "Ziel einer gelungenen Aussendarstellung" erreicht werden können?
Ich kann nicht umhin, seinen Aussage, "weiter am Gesicht des Fachbereichs Sozialwesen zu arbeiten" nachgerade als das aufzufassen, was sie so offensichtlich ist: Eine Drohung mit der unausgesprochenen Konsequenz für jeden unbequemen und kritischen Geist. Fragen Sie als Lehrende sich nicht auch manchmal, ob nicht jedwedes "Corporate Design" dieser Fachhochschule nur schwer über all diese würdelose Verlogenheit und das ganze falsche Leben hinwegtäuschen kann, dass sich längst des Ganzen bemächtigt hat? Wo DozentInnen sich nicht entblöden, selbst "Mitgefühl und Achtsamkeit als universale Prinzipien" noch den begierig Studierenden anzudienen, wohlwissend, dass sie derlei selbst weder aufbringen noch offenkundig wertschätzen. Sie sollten sich schämen!
Studenten aus dem Fachbereich Sozialwesen der FH Bielefeld
Zum Video (weiterlesen):
Link zum Artikel (PDF): "Das Schweigen der Lämmer. - Zur Hochschule neuen Typs. Ein Bielefelder Professor soll nicht reden, weil er die Wahrheit sagt". Klicken Sie bitte hier.