Florian Markl referiert im folgenden Beitrag die wesentlichen Resultate der Untersuchung „Analogien der ‚Vergangenheitsbewältigung‘. Antiisraelische Projektionen in Leserkommentaren der Zeit und des Guardian“ von Matthias J. Becker. Becker untersuchte die Sprachgebrauchsmuster des israel-bezogenen Antisemitismus in über 6.000 Leser-Kommentaren in den Online-Foren der deutschen Zeit und des britischen Guardian unter dem Gesichtspunkt, wie der auf Israel bezogene Antisemitismus zur Stärkung des kollektiven Narzissmus in Deutschland und Großbritannien verwendet wird. Als Resultat seiner Untersuchung ergibt sich: Die Kommentar- und manchmal auch Artikelschreiber projizieren typischerweise die aus der jeweiligen nationalen Geschichte stammenden Verbrechen bzw. Ungerechtigkeiten in Form von Analogien auf den Staat Israel, der eine qualitativ andere Entstehungsgeschichte hat als diese beiden Nationen.
Während bei den Zeit-Leserkommentaren die staatlich angeordnete, verwaltungsmäßig durchgeführte und teilweise industriell betriebene Vernichtung der europäischen Juden im Vordergrund der falschen wahnhaften Projektionen auf Israel stehen, sind es im Falle der Guardian-Leser Analogien mit dem britischen Empire, dem Kolonialreich und der südafrikanischen Apartheid, die auf Israel projiziert werden. Die Dämonisierung des Staates Israel durch falsche, unhistorische Analogiebildungen dient in beiden Fällen dazu, die Schuld des jeweiligen nationalen Kollektivs, mit dem sich der Schreiber identifiziert, zu relativieren, indem man mit dem Finger auf den Judenstaat zeigt. Deshalb fällt die wahnhafte Analogiebildung und falsche Projektion auch typischerweise umso heftiger aus, je stärker die narzisstische Identifikation mit dem eigenen nationalen Kollektiv ist. Die Dämonisierung Israels hat für den nationalen kollektiven Narzissmus die Funktion des Persilscheins.
Erstveröffentlichung des Beitrags von Florian Markl in Mena-Watch 05.06.2019. Link: https://www.mena-watch.com/
Heinz Gess
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