"Die' Meinhof-Biographie', wie es im Untertitel der Ditfurth-Schrift in aller Bescheidenheit heißt, muss erst noch geschrieben werden. Bezeichnend für die mangelnde politische Auseinandersetzung ist schon, dass das bescheidene Literaturverzeichnis kein Werk zum Thema Israel und die Linke enthält. Im Text teilt Ditfurth lapidar mit, in Teilen der neuen Linken hätten sich antisemitische Ressentiments verbreitet, als handelte es sich um einen Grippevirus. Interessant wäre zu lesen, wie Meinhof reagierte, als ein PLO-Mann den deutschen Genossen im Trainingscamp in Jordanien erklärte: "Hitler gut". Einen Funktionär der Fatah, der als Dolmetscher fungierte, stellt Ditfurth als Sohn eines "Helden des Aufstandes von 1936 bis 1939 gegen die britische Fremdherrschaft in Palästina und gegen die Zionisten" vor.
Sie schreibt nichts über die antisemitische Orientierung des Aufstands, nichts über die Kollaboration des Anführers, des berüchtigten Mufti von Jerusalem, mit den Nazis. Solche Leerstellen kontrastieren mit der akribischen Aufarbeitung der Nazivergangenheit der Meinhof-Familie. Insofern geht es um mehr als ein Heldenepos. Zum Massaker von 9/11 schrieb Ditfurth, "Ich gedenke heute auch der Toten in Chile von 1973", was nach Aufrechnung der Opfer klingt. Einen Beitrag zum Irak-Krieg 2003 leitete sie mit dem Verweis auf Israel als einziger Atomwaffenmacht des Nahen Ostens ein. Ditfurth zählt zwar immer auch den Antisemitismus auf - als Übel, das es zu bekämpfen gilt. Sie klingt dabei aber wie ein Politiker, der Problembewußtsein mimt und nicht wie jemand, der einen Begriff von Antisemitismus hätte, der heute in der Linken als Antiamerikanismus, Antiimperialismus und Israelfeindlichkeit auftritt, und in dieser Form von einer undogmatischen APO mitgeprägt wurde, in deren Tradition sie sich selbst sieht. Besserung scheint nicht zu erwarten. Ditfurths nächstes Werk heißt: "Rudi und Ulrike. Geschichte einer Freundschaft".
Link zum Artikel (PDF): "Die Meinhofbiographie von Jutta Ditfurth". Klicken Sie bitte hier.
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