Das Geschäft der intellektuellen Atomzertrümmerung
"Die Vorlesungen sind ein Dokument dafür, wie es Adorno gelingt, sein Auditorium trotz komplizierter Ausführungen etwa über Genesis und Geltung oder über den Zwangscharakter der Logik bei Laune zu halten. Er vergewissert sich der Aufmerksamkeit seiner Zuhörer, indem er kein Blatt vor den Mund nimmt, wenn es darum geht, seine eigene Position etwa gegen den dogmatischen Parteimarxismus eines Lukács, den Rationalismus eines Descartes oder den Positivismus ins Licht zu rücken. (...) So bezeugen die Vorlesungen auch das Moment des Apodiktischen in Adornos Lehrpraxis, etwa wenn er in den Raum stellt, dass Kern der Dialektik sei, kein Rezept ihres Gebrauchs zu liefern, sondern „eben der Versuch, die Wahrheit sich selber bezeichnen zu lassen“ (Adorno). (...)
Die Einführung in die Dialektik als bestimmte Negation, die dem zerrissenen Zustand der Welt angemessen ist, hat den Lyriker Hans Magnus Enzensberger inspiriert, ein Adorno gewidmetes Gedicht mit dem Titel „schwierige arbeit“ zu schreiben: „geduldig/ festhalten den schmerz der Negation/ (...) geduldig/ jeden Gedanken wenden der seine Rückseite verbirgt“.
Die Veröffentlichung des vollständigen Gedichts in der Festschrift aus Anlass des 60. Geburtstages von Adorno ist ein Zeugnis dafür, welche Wirkung er in der doppelten Rolle des akademischen Lehrers wie des Sozialkritikers und Aufklärers im Nachkriegsdeutschland hatte."
Müller-Doohm
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