Willkommen im Kritiknetz
Sozialpolitik Antizionismus Faschismus Ideologiekritik Judentum_und_Emanzipation Antisemitismus Soziologie Literatur Bildungspolitik Rassismus Kritische_Theorie Neue_Rechte Kritik_der_Politischen_Ökonomie Nahostdebatte Rezension Staatskritik Musik Sozialarbeit Islamismus Neo-Faschismus Kultur Völkisches_Denken Rassismus Hochschulpolitik Religionskritik Psychologiekritik

Eyes wide shut. Über die unkritische Antisemitismusforschung des Berliner Instituts (ZfA)

Details
Geschrieben von: Christian Heinrich
Kategorie: Beiträge anderer Webseiten
Veröffentlicht: 10. September 2009
Zugriffe: 8723

Im Juli 2002 titelte das Satiremagazin Titanic: „Schrecklicher Verdacht: War Hitler Antisemit?“ Weil diese Frage noch der Beantwortung zu harren scheint, gibt Wolfgang Benz seit zwanzig Jahren den Antisemitismusbeauftragten der Bundesrepublik mit angeschlossenem Institut (ZfA). Seit einigen Tagen veranstaltet dieses Institut unter seiner Leitung nun seine diesjährige, dreitägige „Sommer­universität“.

 

Chistian J. Heinrich fragt sich  – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der letztjährigen Konferenz „Feind­bild Muslim, Feindbild Jude“ –, wie es beim ZfA überhaupt um den Begriff des Antisemitismus bestellt ist. Dabei stellt er fest, welch sehr beschränktes Verständnis das Zentrum und insbesondere sein Direktor Wolfgang Benz  von jenem Gegenstand haben, der ihrem Institut den Namen gegeben hat.

 Nachdem ZfA  im Dezember letzten Jahres die bahnbrechend falsche Er­kenntnis hatte, dass „Islamo-phobie“ irgendwie das Gleiche sei wie Antisemitismus und also die Muslime die Juden von heute seien,  beschäftigt es sich auf der diesjährigen Sommeruniversität  mit den „Erscheinungs­formen des aktuellen Anti­se­mitismus“ und stellt sich zu diesem Behufe die merkwürdige Frage: „Extremismus oder gesellschaftliche Mitte?“. So falsch schon die Erkenntnis war und ist, dass Xenophobie - im vorliegenden Fall die Angst vor Moslems - den Anti­semitismus ersetzen kann, so falsch ist auch die neuerliche Fragestellung schon als Frage­stellung. Dass es zwischen der Xeno­phobie und dem Antisemitismus eine hohe positive Korrelation, aber kein Erset­zungsverhältnis gibt, und warum das so ist, hätte die Instituts­leitung schon durch die Lektüre in der klassischen Unter­suchung von Adorno et. al. (1944) „ Der autoritäre Charakter. Studien über Autorität und Vor­urteil“ lernen können, die ihr offen­sichtlich nicht präsent ist. Oder sollte man anneh­men, dass der In­stitutsleitung die philosophischen und empirischen Untersuchungen aus dem Frank­furter Institut für Sozialforschung seit 1932 (Hork-heimer, Fromm, Marcuse, Adorno, Löwenthal et. al.) nicht nur nicht präsent, sondern nicht einmal bekannt sind? Aus diesen Untersuchungen hätte sich darüber hinaus auch lernen lassen, dass die For­mulierung der neuen „Forschungsfrage“ als ein "Entweder - Oder" ebenfalls falsch ist. Denn sie ist mit zu vielen Voraus­setzungen belastet, die vermutlich selbst schon falsch oder zumindest sehr fragwürdig sind. Wenn man ungeachtet der hochgradigen Frag­würdigkeit der Präsuppositionen, die in die Fragestellung als selbstverständliche Voraussetzung  eingehen, gleichwohl so formuliert, manifestiert sich darin der vorgefertigte Wille zur Reflexionsabwehr und Verdrängung von möglichen Erkenntnissen, die nicht in den ‚eigenen Kramladen’ passen. Offen­sichtlich das Denken der Leitung des Instituts so sehr in falschen Alternativen gefangen,  dass die vermutlich richtige Lösung, nämlich „gesellschaftliche Mitte und extrem kon­formistisch und  antisemitisch nicht aufgehen kann. Das könnte daran liegen, dass der Institutsleiter und sein Team sich selbst zur deut­schen Mitte rechnen  - zu jener Mitte, zu der  auch Martin Walser, Norbert Blüm, Felicia Langer, Boris Palmer, Möllemann zählt -  und deshalb felsenfest davon überzeugt sind, dass  wo diese Mitte ist, es allein schon deshalb keinen Antisemitismus und Extremismus geben kann. Der eigene (kollektive)  Narziss­mus lässt nichts anderes zu.  Also gibt in ihren Köpfen nur  "die gesellschaftliche Mitte oder den Extre­mismus bzw. oder den Antisemitismus“.

 Infolgedessen könnte man sich den ganzen Aufwand sparen. Das aber geschieht nicht und wird auch sobald nicht geschehen. Denn das ZfA erfüllt für die Bundesrepublik und deren herrschende „Mitte“ eine ihre Herrschaft und Politik legitimierende Funktion. Die Erfüllung dieser Funktion verlangt die Pro­duktion von affirmativen Erkenntnissen, die an den realen Nihilismus der Macht und ihrer willigen Helfern nicht rühren, sondern es zudecken, verschieben, ins Positive verkehren und am besten mit der Wahrheit der positivistischen Wissenschaft lügen. Deshalb braucht man „empirische Daten“, die technisch korrekt erhoben worden sind, im positivistischen Sinn also „wahr“ sind, aber gleichwohl geeignet sind, das bestehende falsche Bewusstsein zu verstärken. Mit solchen Daten kann man die Kunden über die Negativität, die in der gesellschaftlichen Wirklichkeit haust, hinwegtäuschen und im Sinne der Rationalisierung (S. Freud)  „lügen“. Wer nicht auf den Kopf gefallen ist und von der Technik des Forschungsdesigns etwas versteht, stellt das listigerweise schon durch die Formulierungen der Fragestellungen sicher und lässt die falschen Voraussetzungen, die verhindern, dass Kritisches ans Tageslicht kommen kann, versteckt schon in die Fragstellung eingehen. Darin hat das Institut für Antisemitismusforschung in Berlin es zugegebenermaßen zur deutschen Meisterschaft gebracht.

 Heinz Gess 

weiterlesen hier

      

 

 

Vorheriger Beitrag: Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte im Gottesstaat Iran Zurück Nächster Beitrag: „Die schrillste Anti-Israel-Fanfare in Deutschland“ Weiter

Weitere 800 Beiträge seit 2005 finden Sie in den Kategorien
am rechten Webseitenrand.

Suche


Erweiterte Suche

Kritische Theorie der Gesellschaft

  • Kritische Theorie als Paradigma
  • Ideologiekritik
  • Antisemitismus, Antizionismus
  • Kritik der Politischen Ökonomie, Staatskritik
  • Faschismus, Völkisches Denken, Neue Rechte
  • Soziologie
  • Kultur, Literatur, Musik

Politische Eingriffe

  • Israelkritik, Nahost
  • Religions- und Ideologiekritik
  • Neofaschismus, Rassismus
  • Bildungspolitik
  • Sozialpolitik, -arbeit
  • Kurztexte

Rezensionen

  • Politische und kulturkritische Eingriffe
  • Wissenschaft

Gastbeiträge

  • Beiträge anderer Zeitschriften
  • Beiträge anderer Webseiten

Gesammelte Schriften

  • Zeitschrift für Sozialforschung
  • Walter Benjamin - Gesammelte Schriften
  • Marx-Engels Werke
  • Sigmund Freud - gesammelte Werke

Links

  • Links zu politischen Eingriffen
  • Wissenschaftliche Links

Newsletteranmeldung

Login

  • Passwort vergessen?
  • Benutzername vergessen?
  • Registrieren

Diskutieren

Leserinnen und Leser des Kritiknetzes haben die Möglichkeit, alle Artikel in der Facebookseite des Kritiknetzes zu diskutieren.





Home  |  Impressum  |  Datenschutzerklärung  |  Kritik - Eine Einführung  |  Mitarbeit  |  RSS