Kritiknetz - Zeitschrift für Kritische Theorie der Gesellschaft (ISSN 1866-4105)
Herausgeber: Prof. Dr. Heinz Gess
Beirat: Prof. Dr. Helmut Dahmer, Prof. Dr. Martin Jay, Prof. Dr. Norbert Rath, Dr. Hendrik Wallat
Marcuse, Osterkamp oder Foucault?
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- Geschrieben von: Heiko Bolldorf
- Kategorie: Kritische Theorie als Paradigma
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Zur Diskussion zwischen Freudo-Marxismus, Kritischer Psychologie und Poststrukturalismus
In den 1930er Jahren suchten marxistische Intellektuelle eine Antwort auf die Frage, woher die autoritären Tendenzen der Massen kommen. Warum schließen sich die Massen, statt ein überlebtes, ihren Interessen schadendes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem abzuschaffen, so bereitwillig reaktionären bis faschistischen Bewegungen und Organisationen an?
In den Protesten der Studentenbewegung der 60er Jahre wurde diese Frage wieder aufgegriffen und mit drei Theorien beantwortet: 1. dem Freudo-Marxismus der kritischen Theorie der Gesellschaft, 2. der kritischen Psychologie von Klaus Holzkamp und Ute Osterkamp, 3. der Machttheorie von Michel Foucault.
Kapitalismus und Faschismus
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- Geschrieben von: Hendrik Wallat
- Kategorie: Faschismus, Neue Rechte, Völkisches Denken
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Nach Hendrik Wallat war die Verwertung des Wertes im Nazifaschismus kein Selbstzweck: „Das Potential kapitalistischer Dynamik wurde einem höheren Zweck unterworfen: der Militarisierung der Gesellschaft und der imperialistischen Expansion.“ Der eigentliche Konkurrenzkampf war für die Naziideologie nicht ökonomischer Natur, sondern „der Kampf der Rassen. Um ihn zu gewinnen, griff Hitler durchaus in die für klassisch-bürgerliches Denken heilige Privatautonomie der Wirtschaftssubjekte ein, ohne jedoch am sozialdarwinistisch gedeuteten und affirmierten Privateigentum und am Profitprinzip prinzipiell zu rütteln. So wurde im Nationalsozialismus die freie Lohnarbeit eingeschränkt und die Realisierung des Profits erfolgte vermehrt nicht mehr über den Umweg der Privatproduktion, sondern war politischen Direktiven unterstellt, wobei nicht nur die Arbeiterschaft, sondern bisweilen auch Kapitalisten politisch drangsaliert wurden. Am Ende versuchte der Nationalsozialismus sich zunehmend eine eigene, allerdings nicht per se gegen die alten Wirtschaftseliten gerichtete sozio-ökonomische Basis zu errichten: „Die Praktiker der Gewalt werden mehr und mehr Unternehmer und die Unternehmer Praktiker der Gewalt. (Neumann 1984, 660f.)“
Der Todestrieb im Racket
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- Geschrieben von: Gerhard Scheit
- Kategorie: Ideologiekritik
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Warum die Kritik der postnazistischen Gesellschaft auf Freuds Spekulation über einen Todestrieb nicht verzichten kann.
Der krankhafte Hang zum Positiven (kommt) aus dem Todestrieb. (Adorno)
Scheit legt in diesem Aufsatz dar, wie gefährlich die Vermischung des "Todestriebs" (Freud) mit der narzisstischen Libido im politischen Kontext ist, "insbesondere wenn sie gleichsam systematisch und organisiert erfolgt. Das Racket kann nun als die wirksamste Form begriffen werden, eine solche Legierung im Individuum hervorzubringen." (Scheit) Heinz Gess
Zwischen Grundriss und Bilderverbot
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- Geschrieben von: Alexander Neupert-Doppler
- Kategorie: Ideologiekritik
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Zur Kritischen Theorie der Utopie
Im Bann des Staatsfetischismus
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- Geschrieben von: Alexander Neupert-Doppler
- Kategorie: Kritik der Politischen Ökonomie, Staatskritik
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Zur Kritischen Theorie des Staates
Im folgenden Text zieht Alexander Neupert-Doppler drei Lehren aus der kritischen Reflexion der Geschichte des Staates.
So wie, laut Marx, „aller Mystizismus der Warenwelt, all der Zauber und Spuk, welcher Arbeitsprodukte auf Grundlage der Warenproduktion umnebelt, verschwindet [...] sofort, sobald wir zu anderen Produktionsformen fluchten“ (MEW 23: 81), so würde erstens auch der Rechts-, Politik- und Staatsfetischismus nur verschwinden, wenn die Revolution „die politische Form ihrer sozialen Emanzipation“ (MEW 17: 543) erfindet. Zurückgehend auf die Kritische Theorie bleiben drei Lehren für eine Kritische Theorie des Staates. 1871 konnte Marx für einen Moment glauben, dies wäre in der Form der Pariser Commune gelungen.
Zur Kritik des „Radikalen Konstruktivismus“
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- Geschrieben von: Meinhard Creydt
- Kategorie: Ideologiekritik
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So verschiedene Geistesgrößen wie Niklas Luhmann und Judith Butler erachten den ‚radikalen Konstruktivismus’ als das non plus ultra. Die Redeweise, etwas sei ein „soziales Konstrukt“, ist gegenwärtig auch außerhalb des akademischen Diskurses verbreitet. Der Artikel skizziert einige Grundmomente des ‚radikalen Konstruktivismus’ und arbeitet seine Probleme heraus. Gezeigt wird, welche Konsequenzen er für das Denken hat und welcher Praxis und Politik dieser Denkansatz Vorschub leistet.
Ist die Ideologie ewig?
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- Geschrieben von: Heiko Bolldorf
- Kategorie: Soziologie
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Eine Kritik von Louis Althussers Subjekt-Kritik
In seinem Artikel vertritt Bolldorf die Auffassung, dass Althusser zwar auf reale Probleme des „humanistischen Marxismus“ hinweist, selbst aber keinen Ausweg bietet, weil seine Subjektkritik durch seine leninistischen Prämissen inkonsequent bleibt. Bolldorf plädiert demgegenüber für die Entwicklung eines kritischen Subjektverständnisses auf der Basis von Einsichten der Kritischen Theorie Adornos und Marcuses. Ein von bestimmten Zügen des Leninismus gereinigter Althusser lässt sich mit der Kritischen Theorie verknüpfen. (Heinz Gess)
Zwillingsbrüder im Geist der Gegenaufklärung
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- Geschrieben von: Mathias Beschorner
- Kategorie: Ideologiekritik
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Zur Konvergenz von historistischer und postmoderner Geschichtsauffassung oder warum das Einfühlen in die Geschichte noch nie einen emanzipatorischen Gehalt hatte
Mathias’ Beschorners Abhandlung gliedert sich in drei Teile:
Im ersten Teil stellt er den Entstehungskontext und Wirkungsgeschichte des Historismus (Ranke) sowie das Spannungsverhältnis zur Aufklärung dar. Er arbeitet in diesem Teil die Verschränkung des Historismus mit der Romantik sowie die Konvergenz und Parallelität des Historismus zum zeitgenössischen postmodernen Geschichtsverständnis und den damit verbundenen Kampf gegen jeglichen Universalismus aufklärerischer Provenienz heraus und macht deutlich, warum die deutsche Geschichtswissenschaft schon aufgrund dieser methodischen Ausrichtung eine relativierende Haltung zum Nationalsozialismus einnehmen musste.
Nach der verpassten Gelegenheit
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- Geschrieben von: Alexander Neupert-Doppler
- Kategorie: Kritische Theorie als Paradigma
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Zur Kritischen Theorie der Kairószeit
Neupert-Doppler reflektiert in der folgenden Abhandlung auf die philosophischen Begriffe „Kairós“, „Jetzt-Zeit“, „Fortschritt“, „Konstitution“. An den Begriff des „Kairós“ (Tillich, Adorno, Horkheimer) oder der „Jetzt-Zeit“ (Benjamin) orientieren sich sowohl Tillichs kritische Theologie als die kritische Theorie von Adorno, Benjamin, Horkheimer und sie sind beide bis heute gebräuchlich:
Von der Antisemitismuskritik zum Anti-Israelismus
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- Geschrieben von: Wolfgang Kraushaar
- Kategorie: Antisemitismus, Antizionismus
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Wolfgang Kraushaar stellt in seinem Aufsatz im Detail dar, wie sich die Einstellung der Neuen Linken zum Antisemitismus veränderte. War in den fünfziger bis in die Mitte der sechziger Jahre die Kritik des Antisemitismus und Antizionismus für alle Fraktionen der Neuen Linken noch ein zentrales Thema, dümpelte es „an deren Ende in weitgehender Bedeutungslosigkeit dahin.“ Viele hatten auch „eine Kehrtwendung um 180 Grad vollzogen, also ein Umschlagen ins glatte Gegenteil.“ (Kraushaar)
Dysfunktionale Funktionalität
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- Geschrieben von: Andreas Stückler
- Kategorie: Kritik der Politischen Ökonomie, Staatskritik
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Andreas Stückler arbeitet im vorliegenden Beitrag mit einem dialektischen Begriff von „gesellschaftlicher Funktion". Er entwickelt das Konzept einer „dysfunktionalen Funktionalität“, das er exemplarisch an zwei aktuellen gesellschaftlichen Krisentendenzen illustriert: einerseits an der sogenannten „Krise der Arbeit“ durch fortschreitende Automatisierung und Digitalisierung, andererseits an der ökologischen Problematik (Umweltzerstörung, Klimawandel etc.). Dabei wird versucht zu zeigen, dass beide Tendenzen nur dann hinreichend kritisch analysiert werden können, wenn diese analytisch in den Funktionsstrukturen kapitalistischer Gesellschaften kontextualisiert werden.
Nietzsches Metaphysikkritik und die negative Metaphysik
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- Geschrieben von: Hendrik Wallat
- Kategorie: Kritische Theorie als Paradigma
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Reflexion auf Voraussetzungen der Gesellschaftskritik
Der Text von Hendrik Wallat reflektiert Voraussetzungen der kritischen Theorie der Gesellschaft. Das geschieht in Form einer subtilen Analyse metaphysikkritischer Argumentationen. In ihrem Zentrum stehen Friedrich Nietzsches vernichtende Metaphysikkritik und Karl Heinz Haags „negative Metaphysik“.
Die postmoderne Querfront
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- Geschrieben von: Ingo Elbe
- Kategorie: Faschismus, Neue Rechte, Völkisches Denken
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Anmerkungen zu Chantal Mouffes Theorie des Politischen
Chantal Mouffes gemeinsam mit Ernesto Laclau erarbeitete ‚postmarxistische‘ Theorie gibt dem stets nach ‚Paradigmenwechseln‘ und Neologismen hungernden akademischen Betrieb eine neue ‚Beschreibung‘ der gesellschaftlichen Wirklichkeit; sie gibt der politischen Verunsicherung angesichts des vermeintlichen Scheiterns bürgerlicher wie kommunistischer Emanzipations- und Fortschrittsideen sowie des Untergangs ihrer Träger (des rationalen Individuums bzw. der proletarischen ‚Klasse für sich‘) einen ‚kontingenztheoretischen‘ Ausdruck und bietet zugleich das Versprechen neuer politischer Handlungsfähigkeit, indem sie die Ohnmacht, Kontingenz und die ‚Intransparenz des Sozialen‘ und das Fehlen des einen politisch gestaltenden Subjekts als Möglichkeit neuer ‚hegemonialer Projekte‘ und sozialer Bündnisse begreift. Dieses Versprechen politischer Handlungsfähigkeit ist besonders für eine Linke attraktiv. Als Heilmittel empfiehlt sie eine ‚antiessentialistische‘ linkspopulistische Strategie, die gegen ‚die neoliberalen Eliten‘ und die völkische Rechte zugleich gerichtet sein soll.
Pseudomenos: Mit der Wahrheit lügen
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- Geschrieben von: Heinz Gess
- Kategorie: Neofaschismus, Rassismus
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Autoritärer Islam, islamischer Antisemitismus und deutsches Kulturkapital
Eine Kritik an der marktkonformen Demokratie und ihren Befürwortern.
Zum Verhältnis zwischen Struktur und Handlung im Kapitalismus
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- Geschrieben von: Meinhard Creydt
- Kategorie: Kritik der Politischen Ökonomie, Staatskritik
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Zur Kritik an gängigen Missverständnissen am Beispiel von Alex Demirovic
Das Verhältnis von Struktur und Handlung im Kapitalismus bildet ein schwieriges und bislang in der Diskussion häufig unbewältigtes Problem. In Abschnitt 2 und 3 des Textes stellt M. Creydt „konstruktive“ Überlegungen vor, in Abschnitt 4-6 kritisiert er die Auffassungen von Alex Demirovic zum Thema und vergegenwärtigt deren pseudopolitische Konsequenzen.
Horkheimers und Adornos Stellung zur Protestbewegung von ‘1968’
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- Geschrieben von: Norbert Rath
- Kategorie: Kritische Theorie als Paradigma
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Wie standen die Hauptvertreter der ‘Frankfurter Schule’ zum Protest von ‘1968’? Viele der oppositionellen Studierenden beriefen sich seinerzeit auf die Analysen der Dialektik der Aufklärung, auf Aufsätze Horkheimers aus der Zeitschrift für Sozialforschung oder auf Beiträge von Herbert Marcuse und forderten zugleich von den als ‘Vordenkern’ betrachteten Philosophen ein hohes Maß an Solidarisierung und Identifikation mit ihren Aktionen ein. Horkheimer und Adorno waren nicht bereit, dies bedingungslos aufzubringen und bekundeten das auch öffentlich. Daraufhin brachen Teile der studentischen Protestbewegung mit ihnen. In der Mainstream-Presse in Deutschland war – nach Adornos plötzlichem Tod nach einem Herzinfarkt am 6. 8. 1969 – sogar von ‘Vatermord’ die Rede. War nun 1967/68 eine von der ‘Frankfurter Schule’ beeinflusste ‘Neue Linke’ an den deutschen Universitäten angekommen oder beendete umgekehrt die Konjunktur des Protests die kurze Phase einer Breitenwirkung der ‘Kritischen Theorie’? Für beides lassen sich Belege finden.
Luhmanns Liberalismus
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- Geschrieben von: Dirk Lehmann
- Kategorie: Soziologie
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Über den stummen Zwang der Kommunikationen
Die soziologische Systemtheorie des Niklas Luhmann hat stets mit Nachdruck die Abgehobenheit des Sozialen, in anderen Worten Eigenständigkeit sowohl als auch Eigenlogik der Gesellschaft unterstrichen. Demnach besteht die Gesellschaft weder aus Individuen noch aus Menschen, sondern aus Beziehungen und Verhältnissen zwischen diesen. Weder hat es die soziologische Systemtheorie demnach mit menschlicher Arbeit noch mit den menschlichen Bedürfnissen, weder mit Natur noch mit der Verstoffwechselung dieser zu tun. Gesellschaft zeichnet sich gerade durch die Abstraktion von aller Arbeit und allen Bedürfnissen, von aller Natur und jedem Stoffwechselprozeß aus.
Autoritärer Charakter und autoritärer Staat – Konzepte von gestern?
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- Geschrieben von: Helmut Dahmer
- Kategorie: Soziologie
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Helmut Dahmer untersucht in diesem Aufsatz die Genese des autoritären Staates und autoritären Charakters im Lichte der Kritischen Theorie der Gesellschaft und zeigt auf, dass der autoritäre Staat und autoritäre Charakter keineswegs (nur) Realitäten von gestern sind.
Heinz Gess
Kafka und die ›Dialektik der Aufklärung‹
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- Geschrieben von: Norbert Rath
- Kategorie: Kultur, Literatur, Musik
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aus der Reihe: vor hundert Jahren
Vor siebzig Jahren, 1947, erschien die ›Dialektik der Aufklärung‹ im Verlag Querido in Amsterdam. Vor hundert Jahren, vermutlich am 23. 10. 1917, schrieb Kafka die kurze Erzählung ›Das Schweigen der Sirenen‹. In ihr revidierte er, wie der Titel der Erzählung schon sagt, den Mythos vom Sirenengesang, dessen Verlockungen der listenreiche Odysseus widerstand. Adorno kannte diese Erzählung Kafkas. Dennoch fällt Kafkas Name in der ›Dialektik der Aufklärung‹ nicht.